Das Hirnschmalz im digitalen Alltag trainieren
Wer hat die Champions League 2010 gewonnen? Wer war als erster Mensch auf dem Südpol? Und wie ist die Telefonnummer vom Dings? – Egal, ob in einem Gespräch oder während des Nachdenkens in der U-Bahn: Dank Smartphone ist die Antwort auf sämtliche Fragen schnell gefunden. Warum sich also noch etwas merken, wenn man dank Google und Co. sämtliche Nachschlagewerke ständig griffbereit in der Hosentasche hat?
Wissen wurde ins Smartphone ausgelagert
"Es ist praktisch, das Gedächtnis an moderne Techniken auszulagern", sagt Luise M. Sommer. "Doch das Smartphone verändert die Art, sich Dinge zu merken, enorm." Das hat Folgen für das Gedächtnis, bemerkt die Expertin und Vortragende zum Thema "Faszination Gedächtnis". "Alles, das wir nicht nutzen, verlernen wir." Das Gehirn werde stattdessen auf Suchen und Finden von Informationen trainiert, anstatt sich diese zu merken. "Es wird faul und träge."
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Neue Art des Denkens gefordert
Sommer weiß, wie man sein Gedächtnis auf Trab hält. Sie ist mehrfache österreichische Gedächtnis-Staatsmeisterin und gewann im Vorjahr die Gedächtnis-Weltmeisterschaft in der Kategorie "Seniors". In ihrem neuen Buch plädiert sie für einen neuen Umgang mit dem Smartphone. "Die neuen Medien verlangen uns eine neue Art des Denkens ab und wir sind erst dabei, das zu lernen."
Ein wichtiger Aspekt: Durch die Auslagerung ans Internet geht vernetztes Wissen ebenso verloren wie Alltagswissen. "Das betrifft besonders junge Menschen, die mit dem Smartphone aufgewachsen sind." Das ist allerdings keine Altersfrage: "Ich ertappe mich selbst dabei, automatisch am Handy etwas nachzuschauen."
Viele Menschen haben mittlerweile trotz Smartphone das Gefühl, vergesslicher zu sein. "Das ist eigentlich absurd. Das Handy sollte unser Diener sein, nicht unser Boss, der uns am Gängelband führt. Nicht das Internet ist schuld an unserer Vergesslichkeit – sondern die fehlende Kompetenz, damit umzugehen."
Klüger ohne Handy
Sich sein Gehirn zum verlässlichen Partner im digitalen Alltag machen – und zwar auf lustvolle Art: Das fördert auch das Vertrauen in sich selbst. Denn ohne griffbereites Smartphone zweifeln mittlerweile viele Menschen an ihrer Kompetenz, zeigte eine Studie. Jene Teilnehmer, die vor einem Test noch googeln durften, hielten sich für klüger, als jene, denen dies untersagt worden war.
Klassische Merktechniken
Und wenn man trotz allen Bewusstseins etwas Wichtiges wie einen Termin oder ein Geschenk vergisst? Dann kann eine kleine Umformulierung helfen, sich nicht selbst zu geißeln. "Statt ‚Ich hab’ das vergessen, sage ich lieber: ‚Ich habe nicht daran gedacht.’ Das Wort Vergessen ist so negativ besetzt. Aber die Tätigkeit oder die Sache ist ja nicht vergessen. Sie ist nur im Moment gerade nicht da."
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