Causa Aschbacher: "Das Ausmaß an geistiger Unschuld ist enorm"

Aschbacher will "versorgungskritische Bereiche" unterstützen
Der Pädagoge und Autor Christian Schacherreiter über Aschbacher, mangelnde Studierfähigkeit und Sprachdefizite.

Warum man sich schon in der Schule mehr mit Sprache befassen sollte.

KURIER: Sind zu viele Maturanten nicht studierfähig?

Christian Schacherreiter: Es gibt jedes Jahr Schüler, die die Matura mit Ach und Krach bestehen. Sie haben zwar formal die Studienberechtigung, sollten sich aber sehr gut überlegen, ob sie auf einer Hochschule gut aufgehoben sind. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Manche Schüler sind intellektuell überfordert, anderen fehlt es an Motivation, an Durchhaltevermögen oder Frustrationstoleranz.

Müssten die Schulen nicht schon vorher die Reißleine ziehen und manchen sagen: Das Gymnasium ist nichts für dich?

Bildungsbiografien sind ja nicht immer berechenbar. Wenn wir die Latte zu früh zu hoch legen, verlieren wir vielleicht so manche „Personalressource“.

Sinnerfassendes Lesen ist aber für immer mehr Maturanten ein Problem.

Das ist leider seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten so. Wobei man das sinnerfassende Lesen nicht nur den Deutschlehrern überlassen darf: Komplexere Texte zu verstehen sollte auch in Fächern wie Physik, Biologie, oder Geografie geübt werden. Ich halte übrigens nichts davon, dass Belletristik immer nur unterhaltsam sein muss. Junge Menschen sollen sich durchaus auch mit intellektuell herausfordernden Texten befassen.

Ist Frau Aschbacher Kind einer Generation, der man es durchgehen lässt, Textbausteine zu kopieren?

Ich würde nicht sagen, dass Lehrkräfte und Professoren heute mehr durchgehen lassen, Copy-Paste ist heute technisch allerdings einfacher möglich. Außerdem: So viele schwarze Schafe, die sich durchschummeln, gibt es nicht. Bei Frau Aschbacher kann ich nur sagen: Wenn sie ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat, dann ist das Ausmaß an geistiger Unschuld schon enorm.

Aschbacher wurde offensichtlich darauf getrimmt, mit Marketing-Phrasen Positionen zu vertreten, ohne diese hinterfragt zu haben. Eine Modeerscheinung?

Seit vielen Jahren registriere ich, dass die Auseinandersetzung mit der Sprache im Bildungsbereich nicht in erster Linie dazu dient zu reflektieren, was ja die Basis von Wissenschaftlichkeit ist und auch kritikfähig macht. Dieses Phänomen der Oberflächlichkeit ist aber nicht neu. Das hatten wir auch schon bei den Sophisten in der griechischen Antike, wo die Rhetorik nur auf die Außenwirkung bedacht war. Das ist schon ein problematisches Sprachverständnis.

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