Alzheimer: Impfung in 10 Jahren?

Schätzungen zufolge sind 44 Millionen Menschen weltweit von Demenz betroffen
Viele Rückschläge in der Forschung, aber Erfolge in der Prävention. Zu wenig leistbare Betreuungsangebote.

100 Jahre nach dem Tod von Alois Alzheimer (19.12.1915) sind Forscher mit einer Prognose zurückhaltend geworden: Wann eine Therapie zur Verfügung stehen könnte, die den Gedächtnisverlust stoppt – oder zumindest stark verlangsamt. "99,6 Prozent aller Studien der vergangenen zehn Jahre waren ein Misserfolg", sagt Neurologe Prim. Andreas Winkler, Vizepräsident der Selbsthilfeorganisation "Alzheimer Austria" – sie feiert heuer ihr 25-Jahr-Jubiläum – und ärztlicher Direktor der Klinik Pirawarth, NÖ. "In den kommenden fünf bis zehn Jahren ist kein durchschlagender Erfolg zu erwarten." Doch "wenn es gut läuft, ist es in zehn Jahren möglich, Menschen in einer frühen Phase der Erkrankung zu impfen", sagte kürzlich der deutsche Neurologe Hans Förstl (Klinikum der TU München). Andere Experten sprechen von mindestens 15 Jahren.

Hoffen auf Impfung

Alzheimer: Impfung in 10 Jahren?
Prim. Andreas Winkler
Die größten Hoffnungen werden in Impfungen für Erkrankte im Frühstadium gesetzt: Bei Alzheimer bilden sich im Gehirn u. a. Eiweiß-Ablagerungen (Plaques), gleichzeitig kommt es zur krankhaften Veränderung sogenannter "Tau-Proteine". Impfstoffe sollen Abwehrreaktionen des Körpers in Gang setzen, die die Ablagerungen entfernen bzw. die Menge der krankmachenden Proteine reduzieren. Um aber eine Wirkung erzielen zu können, müssen solche in Studien getesteten Impfstoffe offenbar zu einem früheren Zeitpunkt eingesetzt werden als dies bisher der Fall war. Winkler: "Alzheimer beginnt im Gehirn 20 bis 30 Jahre vor den ersten Symptomen."

Positive Neuigkeiten gibt es zur Vorbeugung: 1260 geistig gesunde Finnen (Durchschnittsalter 66) mit vielen Risikofaktoren für eine Demenz (z.B. Bewegungsmangel, Bluthochdruck, Übergewicht) wurden in zwei Gruppen geteilt: Beide wurden über die Notwendigkeit einer Änderung ihres Lebensstils informiert – aber nur eine wurde bei der Umsetzung auch intensiv betreut und begleitet. Winkler: "Nach zwei Jahren hatte sich die Gedächtnisleistung der betreuten Gruppe im Vergleich zur anderen um 25 Prozent verbessert."

Zu wenig Personal

Alzheimer: Impfung in 10 Jahren?
Mag. Antonia Croy
Durch die steigende Zahl von Demenzpatienten werden "in den nächsten Jahren 20.000 zusätzliche Pflegepersonen benötigt – die gibt es nicht", sagt Antonia Croy, Präsidentin von "Alzheimer Austria". Gleichzeitig werde die Auszahlung von Pflegegeld "immer restriktiver", vor allem zu Beginn der Erkrankung werde der Betreuungsaufwand oft viel zu gering eingeschätzt und eine zu niedrige Pflegegeldstufe festgelegt: "Die Einstufung ist oft ungerecht." Eine 24-Stunden-Pflege sei für viele Angehörige nicht leistbar: "Die kostet mindestens 2000 Euro im Monat – in Pflegestufe 3 sind es aber gerade 500 Euro Pflegegeld." Ein neues Angebot für stundenweise Betreuung bietet die Internetplattformstundenweisebetreut.at. Hier können Angehörige nach Personen suchen, die stundenweise Betreuung anbieten – egal, ob professionelle Pflege, Spazierengehen, Vorlesen oder nur da sein.
Alzheimer: Impfung in 10 Jahren?
Für mehr Verständnis für Menschen mit Demenz plädiert Alzheimer-Austria-Ehrenmitglied Prof. Lotte Tobisch-Labotýn. "Wenn ein Mensch mit der Alzheimer-Krankheit sagt, ,draußen schneit’s‘, obwohl die Sonne scheint, dann muss man sich darauf als Realität einlassen. Diese Menschen fühlen sich rasch alleingelassen und verloren. Sie brauchen das Gefühl, behütet zu werden."
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