Spielsüchtige haben fast drei Milliarden Schulden

Spielsüchtige haben fast drei Milliarden Schulden
Problemspieler sind mit durchschnittlich 36.000 Euro verschuldet.

Jeder zweite Österreicher versucht sein Glück im Spiel – jeder 100. kann nicht mehr damit aufhören und wird spielsüchtig.

Oft beginnt es ganz harmlos – man war gelangweilt, hatte etwas Geld übrig oder wollte sich von einer schwierigen Lebenssituation ablenken. Die Krux: Mit dem Internet gibt es nicht nur mehr Möglichkeiten, Glücksspiele auszuprobieren, sondern es variieren auch die Arten, süchtig zu werden.

„Früher musste man sich für das Casino hübsch anziehen, heute kann jeder zu Hause im Pyjama auf seinem Smartphone Poker spielen. Die Verfügbarkeit von Glücksspiel explodiert im Internet geradezu – dadurch steigt auch die Zahl der Süchtigen“, erklärt der Suchtmediziner Prim. Kurosch Yazdi von der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg.

Trotz Glücksspielmonopol in Österreich ist das Angebot schon lange nicht mehr überschaubar – vor allem, weil Sportwetten gesetzlich nicht als Glücks- sondern als Geschicklichkeitsspiel gelten. Eine Unterscheidung, die viele Experten kritisieren.

Dazu kommt, dass die Glücksspielindustrie die Zielgruppe der Jugendlichen für sich entdeckt hat. „Das Geschäft mit Apps und Facebook-Spielen für Kinder floriert. Hier geht es zwar nicht um Geld, aber Kinder werden früh zum Spiel um Glück und Pech erzogen.“

Unter 18 Jahren

Dass der Jugendschutz nicht einmal bei Automatenspielen eingehalten wird, zeigen Erhebungen der Spielsucht­hilfe, die am Montag anlässlich ihres 30-jährigen Bestehens aktuelle Zahlen präsentierte. Jeder Dritte, der zwischen den Jahren 2000 und 2012 behandelt wurde, hat unter 18 Jahren begonnen, an Glücksspielen teilzunehmen. Prof. Peter Berger von der Spielsuchthilfe: „Unsere Zahlen zeigen, dass Jugendliche noch immer viel Zugang haben – oft auch mithilfe von Freunden oder Familienmitgliedern. Der Zugang muss noch besser kontrolliert werden.“ Durchschnittlich sind Spielsüchtige mit 36.000 Euro verschuldet – hochgerechnet haben sie österreichweit fast drei Milliarden Euro Schulden.

Neben dem Spiel um Geld fördert das Internet allerdings auch andere Formen von Spielsucht. So werden vor allem Kinder und Jugendliche immer öfter abhängig von Spielen, bei denen man sich für kleine Beträge (etwa um 99 Cent) zusätzliche Werkzeuge oder Waffen kaufen kann, um im Spiel schneller voranzukommen, erklärt Yazdi. „Häufig verschwimmen die Grenzen zwischen Glücksspiel und Internetspiel und Kinder lernen früh, ihr Taschengeld zu verspielen.“

Während Spielsüchtige, die an Automaten spielen, zunächst mit Geldnot zu kämpfen haben bevor ihr soziales und berufliches Umfeld unter den Folgen zusammenbricht, droht Internet-Spielsüchtigen zunächst vor allem soziale Isolation.Yazdi: „Diese jungen Menschen verlieren nicht nur den Anschluss zur echten Welt, sondern auch wichtige Jahre in ihrer Ausbildungszeit.“

Präventiv rät Yazdi Eltern, ihre Kinder vor Marketingmechanismen zu schützen. „Heute wird sogar beim Abrufen von eMails aggressiv mit Glücksspiel geworben – da kommt man kaum aus. Diese Art von Werbung sollte gesetzlich verboten werden.“ Jedenfalls sollten Kinder bei Spiel- und Kaufangeboten im Internet nicht selbst bezahlen, sondern die Eltern, rät der Suchtexperte.

Buchtipp: „Junkies wie wir“ von Kurosch Yazdi, erschienen bei Edition a um 19,95€

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