Kein Frühstück im Urlaub - Nach zwei Jahren Streit 4,96 Euro Ersatz
Über irgendetwas kann man sich immer aufregen. Man braucht nur genügend Zeit, um sich in die Thematik reinzusteigern. So gesehen sind die Voraussetzungen im Urlaub ideal.
Niemand weiß das so gut wie Eike Lindinger. Der Wiener Rechtsanwalt bringt die jährlich aktualisierte Wiener Liste zur Reisepreisminderung (Manz, 502 Seiten, 48 Euro) heraus. Was etwas sperrig klingt, ist ein Nachschlagwerk über Reisebeschwerden, die vor Gericht gelandet sind. Prozentsatz des letztlich rückerstatteten Reisepreises inklusive.
Die Palette der Urlaubsärgernisse reicht vom gelegentlichen Auftreten von Insekten im Zimmer (Null Prozent Rückerstattung, weil man damit auf Sizilien rechnen muss, fand der Richter) bis zu Schimmel im Zimmer. So hatte sich ein Urlauber über den muffigen Geruch im Zimmer beschwert und hinter der Kommode und dem (von ihm abgehängten) Spiegel Schimmel entdeckt.
Lindinger: „Das Gericht hat ihm 40 Prozent Reisepreisminderung vom Tagespreis für den Schimmel und weitere 10 Prozent für den Geruch zugesprochen. Das war für mich überraschend viel.“ Überraschend kreativ wirken auch manche Beschwerden. Manche würden sich einen Sport daraus machen, vor Gericht einen Teil der Reisekosten zurückzuerstreiten, meint Lindinger.
So klagte ein Ägypten-Urlauber, dass es in seinem All-Inklusive-Hotel nicht rund um die Uhr Essen gab – sondern nur 23 Stunden am Tag. Durchgekommen ist er damit nicht – „Null Prozent Rückerstattung“, urteilte der Richter.
Währenddessen klagte ein Teilnehmer einer Rundreise, weil er an einem Tag kein Frühstück im Hotel bekam, da die Gruppe das Hotel wegen des straffen Sightseeing-Plans vor dem Frühstück verlassen musste. Zwei Jahre dauerte das Verfahren, dann bekam der Urlauber in zweiter Instanz 2 Prozent des Tagespreises rückerstattet. Konkret 4,96 Euro.
Ab wann die Urlaubsfreude getrübt ist, hängt zentral mit dem Urlaubsmotiv zusammen, erläutert Lindinger. „Bei einer Kreuzfahrt zum Nordkap wird der Ausfall des Landgangs in Turku nicht wesentlich sein, es sei denn, ich habe im Vorfeld klar gemacht, dass ich deswegen buche.“ So gesehen kann es Bares wert sein, die eigenen Reisemotive bei der Buchung herauszustreichen.
Überzogene Erwartungen
Manche fahren aber offensichtlich mit überzogenen Erwartungen in den Urlaub, so Lindinger. So buchte ein junges Paar 2020 eine Reise in die russische Hafenstadt Murmansk, inklusive Schlittenfahrt mit Rentier und Hunden sowie der Möglichkeit zum Eisfischen. „Das Paar hat sich diese Reise ins touristische Entwicklungsland offenbar als Activity-Urlaub mit stundenlangen Schlittenfahrten vorgestellt“, sagt Lindinger.
Tatsächlich dauerte eine Schlittenfahrt eine Stunde und das Fischen fiel witterungsbedingt ins Wasser. Essen gab es in einer Bar, in der die Musik so laut war wie die russische Gesellschaft am Tisch nebenan. Beides keine Überraschung und angesichts des Preises und der Gegebenheiten vor Ort erwartbar, fand das Gericht.
Wenig überraschend waren die Anwälte zuletzt vor allem mit der Pandemie und damit verbundenen Rücktritts- und Stornogründen beschäftigt. Zentral ist laut Lindinger immer die Frage, ob es sich um eine Pauschalreise handelt oder nicht. „Deren Veranstalter haben mehr Fürsorgepflichten als ein Hotelier, der ja nicht für die Anreise verantwortlich ist. Verpasst man den auf eigene Faust gebuchten Flug, kann der Hotelier unter Umständen trotzdem auf Bezahlung des Zimmers pochen, weil er ja leistungsbereit ist.“ Was gilt, muss aber wie immer im Einzelfall entschieden werden.
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