"Ultimative Rache an Amazon": mjam startet mit Buchzustellung

"Ultimative Rache an Amazon": mjam startet mit Buchzustellung
Der Lieferant von Restaurantessen will Supermärkten das Geschäft abgraben und verhandelt mit Buchhändlern

Aus Sicht von mjam-Manager Alexander Gaied ist schon jetzt klar, wer künftig den Wochenendeinkauf erledigt. Plattformen wie seine. „Ich glaube, dass wir in ein paar Jahren 50 Prozent vom Umsatz in diesem Bereich machen“, sagt Gaied. Der Markt ist riesig, die Konkurrenz der Lebensmittelhandelsketten noch überschaubar. Abgesehen von Zustell-Angeboten für den nächsten Tag, kombiniert mit Lieferzeitfenstern von mehreren Stunden.

Wettrennen am Start

Was das angeht, fährt die Plattformökonomie mit ihrer IT und Logistik den Supermärkten buchstäblich um die Ohren. Etwa mit dem Versprechen, die Bestellung binnen 15 Minuten an die Wohnungstür zu liefern. Und das zu Supermarktpreisen. Wie sich diverse Aktionen auf Dauer rechnen, ist schnell beantwortet. Gar nicht. Es handelt sich viel mehr um „eine Marketingausgabe“, sagt selbst Gaied. „Ähnlich der Bierkistenaktion im Supermarkt.“

Apropos Bier. Das steht in der Hitliste der beliebtesten Bestellungen ganz oben. Zumindest bei mjam in Graz, wo das Puntigamer bei der verkauften Stückzahlen auf Platz 2 liegt (hinter der Handsemmel der Bäckerei Sorger).

Ob es ein angenehmer Job ist, mit Bierflaschen am Buckel durch die Stadt zu radeln, bleibt aber auch 14 Jahre nach dem Markteintritt von mjam in Österreich umstritten. Erst kürzlich hat der „Fairwork Report“ der TU Wien und der Uni Wien der Branche ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Demnach sind Beschäftigte oft nicht sozial- und krankenversichert, arbeiten für wenig Geld und tragen wirtschaftliche Risiken, die normal der Arbeitgeber übernimmt.

Mit 8 von 10 Punkten schnitt Konkurrenz Lieferando noch am besten ab, Mjam erreichte gerade einmal vier Punkte. Zu Unrecht, findet Gaied. Trotz vieler Kontrollen wäre noch nie ein Fall von Scheinselbstständigkeit bei Mjam festgestellt worden. Boten würden als freie Dienstnehmer arbeiten wollen, um flexibel zu bleiben. „Sie sind unfall-, kranken und pensionsversichert und bekommen auch Arbeitslosengeld. Wären wir wirklich so unattraktiv, hätte wir nicht so viele Fahrer.“ Der Stundenlohn beträgt übrigens 12 Euro, dazu kommt Trinkgeld, das laut Brancheninsidern – mit 50 Cent bis 1 Euro pro Lieferung – nicht gerade üppig ist. Die Fluktuation der Mitarbeiter bleibt mit 10 Prozent im Monat jedenfalls hoch.

Spätestens in einem Jahr, bestenfalls noch heuer, sollen mjam-Boten auch Bücher ausliefern. „Das ist die ultimative Rache an Amazon, das die Bestellungen nicht so schnell ausliefern kann wie wir“, sagt Gaied. Derzeit laufen noch die Gespräche mit Buchhändlern, gestartet werden soll in Wien. Warum Bücher? „Sie sind relativ klein, passen also in jeden Rucksack. Gleichzeitig ist der Warenwert relativ hoch“, erläutert Gaied die Rechenformel.

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