Zu früh in die Pension: OECD-Rüge für Österreich

Zu früh in die Pension: OECD-Rüge für Österreich
Der tatsächliche Pensionsantritt erfolgt um Jahre früher als in der Schweiz und Deutschland. Der Abstand wird aber kleiner.

Die Forderung ist nicht neu, sie wird von der OECD nun aber mit Nachdruck erhoben: Österreich sollte das Pensionsantrittsalter an die steigende Lebenserwartung koppeln, empfiehlt die Industriestaaten-Denkfabrik in ihrem am Mittwoch präsentierten Wirtschaftsbericht. Dieser wird alle zwei Jahre für jedes OECD-Mitgliedsland erstellt.

Die Österreicher würden (erfreulicherweise) immer älter, sie treten aber viel früher in den beruflichen Ruhestand als der OECD-Durchschnitt. Und der tatsächliche Pensionsantritt erfolgt früher als in den Nachbarländern Deutschland und Schweiz. Die Beschäftigungsrate sei ebenfalls niedrig, insbesondere unter älteren Frauen.

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Zwar ist das Pensionsalter in den vergangenen zehn Jahren in Österreich um fünf Jahre gestiegen (von 58 auf 63 Jahre bei Männern, von 57 auf 61 bei Frauen). Im internationalen Vergleich ist das der Organisation aber immer noch zu niedrig - im OECD-Schnitt gehen Männer nämlich mit über 65 und Frauen mit über 63 Jahren in Rente (siehe Grafiken).

"Grün ist gut fürs Geschäft"

Damit es mehr Anreize dafür gibt, im Arbeitsprozess zu bleiben, empfiehlt der Bericht Österreich die hohe Steuer-, Abgaben- und Sozialversicherungslast zu verringern - insbesondere für niedrige Einkommen. Das sollte möglichst im Einklang mit den meisten anderen OECD-Staaten erfolgen. Steuerlichen Spielraum sieht die OECD bei Umwelt-, Verbrauchs-, Erbschafts- und vermögensbezogenen Steuern.

Bei den Verbrauchssteuern hat die OECD übrigens nicht den reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Nahrungsmittel im Blick, sondern die Begünstigung des Tourismus, wie Pereira erläuterte.

Die türkis-blaue Regierung hatte ja erst vor einem Jahr die Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtung von 13 auf zehn Prozent reduziert. Ganz grundsätzlich empfiehlt Pereira eine umweltfreundliche Politik (im Bericht werden auch höhere CO2-Preise vorgeschlagen), denn: „Grün zu sein ist gut fürs Geschäft.“

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Hoher Wohlstand, aber bedroht

Österreich zeichne sich generell durch hohen Wohlstand und starken sozialen Zusammenhalt aus. Die reale Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung ist die elfthöchste der OECD und sechsthöchste der EU, knapp vor Deutschland, Finnland oder Belgien.

Positiv seien hohe Einkommen, eine hohe Lebensqualität, und ein - wenn auch zuletzt abgeflautes - Wirtschaftswachstum knapp über dem Durchschnitt der anderen Industriestaaten. Dazu kommen sinkende Arbeitslosigkeit, ein ausgeglichenes Budget und sinkende - wenn auch noch relativ hohe - Staatsschulden. „Der Wirtschaft geht es gut und die öffentlichen Finanzen sind gut organisiert“, sagte OECD-Länderdirektor Alvaro Pereira.

Sorgen bereitet der Organisation die geringe wirtschaftliche Dynamik. Gegenüber den am raschesten wachsenden OECD-Ländern sei Österreich in den 2010er-Jahren aber zurückgefallen - und diese Schere werde größer.

Deshalb seien Reformen nötig, um den hohen Lebensstandard zu erhalten: mehr Wettbewerb bei Dienstleistungen, besserer Zugang zu Risikokapital für kleine und mittelgroße Unternehmen, bessere Ausschöpfung des Arbeitskräfte-Potenzials.

Migranten und Arbeit

So scheitere die Rückkehr von Jungmüttern in den Arbeitsprozess oftmals immer noch an fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten.

Österreich habe einen der höchsten Anteile arbeitender Migranten in der OECD: Mehr als ein Fünftel der Arbeitskräfte sind Ausländer. Diese spielten somit eine große Rolle darin, den Arbeitskräftebedarf zu decken. Allerdings sind viele der Zuwanderer (38 Prozent) für ihre aktuellen Jobs überqualifiziert.

Die OECD macht dafür unter anderem die restriktive Anerkennung von ausländischen Berufs- und Studienabschlüssen verantwortlich und empfiehlt eine Lockerung. Zugleich sei es aber auch eine Herausforderung, insbesondere niedrigqualifizierte Einwanderer einzubinden. Die OECD rät, mehr in die Sprachförderung zu investieren und Erwachsenentrainings auszuweiten.

Obendrein sollten Zuwanderer verstärkt nach Qualifikationen ausgewählt werden. Denn auch in der Digitalisierung habe Österreich Nachholbedarf.

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