Der Rechnungshof sieht dringenden Reformbedarf bei den gemeinnützigen Bauträgern. Auf fünf Seiten des betreffenden Berichts werden insgesamt 35 Reformvorschläge aufgelistet. Der Bericht ist praktisch eine Handlungsanleitung für die kommende Bundesregierung. Kritisiert wird vor allem das massive Kontrolldefizit.
Der Rechnungshof drängt daher auf den Einsatz von externen Prüfern und auf die Ausweitung seiner Prüfkompetenz. „Insbesondere könnten auch Mieter durch erhöhte Transparenz der Gebarung einer gemeinnützigen Bauvereinigung von einer Ausweitung der Prüfkompetenz profitieren.“
Auftragsvergabe
So ist die Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinnützigen ein Ärgernis. Es kann Wochen und sogar Monate dauern, bis einfache Reparaturarbeiten im Haus durchgeführt werden. Der Mieter kann nichts tun, denn der Auftraggeber ist der Bauträger. Wenn der Mieter selbst einen Handwerker beauftragt, weigert sich der gemeinnützige Bauträger, die Rechnung zu bezahlen.
Es gibt zudem den Verdacht, dass mit der Geschäftsführung befreundete Unternehmen gute Geschäfte machen. „Zwei Unternehmen, mit denen ein Gesellschafter verbunden war, erbrachten Dienstleistungen und lieferten Waren von jeweils unter 75.000 Euro. Ob Vergleichsangebote eingeholt wurden, ist nicht bekannt“, heißt es im Bericht des Rechnungshofs.
Tochter im Vorstand
Bei zwei Bauträgern „erbrachte ein Aufsichtsratsvorsitzender bzw. der Sohn eines Vorstandsmitgliedes rechtsfreundliche Beratung“ für den Bauträger. Ein anderer Bauträger „stellte die Tochter eines Vorstandsmitgliedes als Hausverwalterin an“. Aufsichtsratsmitglieder wurden vom Bauträger „mit Mahn- und Räumungsklagen beauftragt“. Die Gattin eines Vorstandsmitgliedes „wurde mit Werbemitteln beauftragt“. Ob es sich um die Herstellung oder den Ankauf von Werbemitteln handelte, war laut Rechnungshof nicht feststellbar.
Wohnungsvergabe
Weiter im Bericht: „Nahe Angehörige von Vorstandsmitgliedern mieteten Wohnungen der gemeinnützigen Bauvereinigung, die Tochter eines Vorstandsmitgliedes sowie dessen Ehefrau kauften Wohnungen. Die Adressen und Lagen der Wohnungen waren ebenso wenig den Compliance-Berichten zu entnehmen wie deren Größe und Ausstattung oder die Bestätigung, dass ein Wohnbedarf vorliegt.“ In den Compliance-Berichten fehlen „Angaben zur Preisangemessenheit der abgeschlossenen Geschäfte.“
Dazu ein Beispiel aus Tirol: Der Aufsichtsrat genehmigte den Verkauf einer Wohnung mit 105 Quadratmetern sowie zwei Abstellplätze und einem Kellerabteil in einer Gemeinde in Nähe von Innsbruck. Der Preis betrug 438.000 Euro. Verkauft wurde jedoch eine Wohnung mit 113,78 Quadratmetern zuzüglich einer Dachterrasse und Dachgarten mit mindestens 128 Quadratmetern um 479.608 Euro. Es war für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar, ob der Verkaufspreis angemessen war.
Gekauft hatte die Gattin des Geschäftsführers des Bauträgers. Der Geschäftsführer war zuvor als Landeshauptmann-Stellvertreter in der Tiroler Landesregierung aktiv.
Revisionsverband
Die verbandseigene Prüfinstanz der Gemeinnützigen, der Revisionsverband, vermochte in einer Sonderprüfung nichts Rechtswidriges festzustellen. Aufsichtsbehörde für die Gemeinnützigen sind eigentlich die Länder. Doch „eine Prüfung der Gebarung von gemeinnützigen Bauvereinigungen durch Bedienstete der Länder fand nicht statt“. Das Land Tirol hat dem Rechnungshof mitgeteilt, man habe kein Personal für solche Prüfungen.
Selbstkontrolle
In Wien hat der Geschäftsführer eines gemeinnützigen Bauträgers zwei frei finanzierte Wohnungen einer gewerblichen Tochtergesellschaft als „Anlageobjekt“ gekauft und „leer stehen lassen“. Der Geschäftsführer saß auch im Vorstand des Revisionsverbandes.
So ist es also kein Wunder, dass die Kontrolle nicht funktioniert. Der Revisionsverband ist laut Rechnungshof nämlich auch die „Interessensvertretung“ der Gemeinnützigen. Daher sollen in Zukunft externe Prüfer eingesetzt werden.
Derzeit darf der Rechnungshof nur dann prüfen, „wenn Anknüpfungspunkte wie die öffentliche Eigentümerschaft oder die Beherrschung durch Gebietskörperschaften gegeben sind“. In Tirol, Salzburg und Wien waren das nur acht von 76 gemeinnützigen Bauvereinigungen. Der Rechnungshof würde gerne alle kontrollieren.
Dass es bei den Gemeinnützigen, die nicht der Rechnungshof-Kontrolle unterliegen, ähnlich zugeht, zeigt das Beispiel Sozialbau.
900.000 Wohnungen
185 gemeinnützige Bauträger in Österreich verwalten mehr als 900.000 Wohnungen, davon rund 600.000 Miet- und Genossenschaftswohnungen. Die meisten Gemeinnützigen sind aber keine Genossenschaften, sondern entweder Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Förderungen
Der gemeinnützige Bauträger baut mit öffentlichen Förderungen Wohnungen. Die Mieter zahlen vor dem Bezug einen Grund- und Baukostenbeitrag. In Wien sind das rund 40.000 Euro. Dieser Betrag wird jedes Jahr abgewertet.
Kredite
Als Gegenleistung zahlen die Mieter die ersten 35 Jahre keine Miete, sondern lediglich die aushaftenden Kredite und die Betriebskosten. Wenn die Krediten zurückgezahlt sind, muss lediglich eine niedrige Miete bezahlt werden.
Gute Kontakte
Der gemeinnützige Bauträger aus Wien hat eine Billig-Wohnung an den Nationalratsabgeordneten und Gewerkschafter Josef Muchitsch vergeben. Die 37-Quadratmeter-Wohnung mit Balkon in der Nähe des Parlaments kostet inklusive Betriebskosten 285,99 Euro. Nach öffentlicher Kritik zog Muchitsch wieder aus. Für das ausfinanzierte Haus haben keine Einkommensgrenzen mehr gegolten, betonte Muchitsch damals.
Die Sozialbau kann die billigen Wohnungen ohne eine Kontrolle der Einkommensgrenze vergeben. Das ist derzeit auch legal. SPÖ und ÖVP, die den Bereich der gemeinnützigen Bauträger beherrschen, wollen daran nichts ändern.
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