Kalendermacher aus Niederösterreich: Zeitlos in einer rastlosen Zeit
Seit mittlerweile 100 Jahren machen „Die Kalendermacher“ das, was sie am besten können: Sie stellen Kalender her. Aber wie gut verkaufen sich analoge Notizbücher und Kalender im digitalen Zeitalter?
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Fragt man Julie Steinschaden, läuft es so gut wie eh und je. Sie ist Kalendermacherin in fünfter Generation und glaubt freilich an die Produkte des Familienunternehmens. „Gewisse analoge Dinge gehen niemals ganz weg“, sagt sie im Gespräch mit dem KURIER. Und das gelte auch für Kalender aus Papier. Der Erfolg gibt ihr recht: Mehr als zehn Millionen Produkte stellen die Kalendermacher jährlich her.
Geschäftsführer Gerhard Steinschaden mit Tochter Julie und einem Bild ihrer Vorfahrin und Kalendermacher-Gründerin Louise Pitzinger.
Im Firmengebäude im niederösterreichischen Spillern befinden sich Büros und ein Lager. Hier werden auch kleine Bestellungen händisch namensgeprägt und veredelt.
Einige Mitarbeiter der "Kalendermacher" arbeiten schon seit Jahrzehnten beim Unternehmen. Sie sind auf die Arbeit an den alten Prägemaschinen spezialisiert.
Die Mitarbeiter veredeln die Kalender durch Namens- und Logoprägung oder sie bringen an den Ecken der gebundenen Kalender Metallabdeckungen an.
Die Einbände der Kalender und Notizbücher bestehen großteils aus Lederimitat, das etwa aus Äpfeln hergestellt wird.
Neben der traditionellen Prägemethode bieten die Kalendermacher auch Lasergravur für ihre Produkte an.
Verkaufsschlager
Besonders gefragt seien Tischkalender. Mit ihnen macht das Unternehmen etwa die Hälfte des Umsatzes. Die Nachfrage danach sei seit vielen Jahren gleichbleibend – trotz der Digitalisierung.
„In der schnelllebigen Welt können analoge Dinge uns erden. Und für manche ist das eben der Kalender, der immer an derselben Stelle auf dem Schreibtisch steht“, so Steinschaden. Das Interesse an gebundenen Kalendern sei rückläufig. Die Umsatzeinbußen werden aber durch die Notizbücher ausgeglichen, die seit 2018 verkauft werden.
Der Großteil der Kunden sind laut Steinschaden Unternehmen aus diversesten Branchen. Die Kalendermacher versuchen aber auch vermehrt Privatkunden zu erreichen, etwa indem sie die Kalender im Vorjahr am Wiener Christkindlmarkt angeboten und vor Ort mit einem Laser personalisiert haben.
Gründung
Das Unternehmen wurde 1923 von Louise Pitzinger in Wien gegründet und ist seither familiengeführt
Fusion mit Schretzmayer
1994 übernimmt das Unternehmen den Marktführer Schretzmayer. Schretzmayer-Chef Christian Schallenberg wird Gesellschafter bei Kalendermacher. Danach erfolgt die Umfirmierung zu „Der Kalendermacher“
Nächste Generation
Julie Steinschaden und Balasz Schallenberg stehen bereits in den Startlöchern und sollen das Unternehmen eines Tages führen
Überhaupt prägen und veredeln die Kalendermacher selbst nur kleine Bestellungen bis 500 Stück direkt am Firmensitz. Die Herstellung der Kalender und Notizbücher findet in anderen Produktionsstätten im Inland und den Nachbarstaaten statt.
Dass das verwendete Recyclingpapier aus Österreich dafür Strecken bis zu 400 Kilometer zurücklegen muss, nehmen die Kalendermacher in Kauf. Es sei keine Option, weniger nachhaltige Rohstoffe aus dem Ausland zu verwenden, erklärt Steinschaden.
Über Generationen
Apropos Ausland: Nach 15 Jahren Aufenthalt in Paris bei diversen Unternehmen kehrte sie Anfang 2021 in den elterlichen Betrieb zurück. Denn in Zukunft wird die 39-Jährige die Firma leiten. Ihr Vater und Geschäftsführer, Gerhard Steinschaden, der die Firma in den 90er-Jahren ausbaute und von Wien nach Spillern in Niederösterreich übersiedelte, denkt aber noch nicht über die Pension nach. „Ich ziehe mich zurück, wenn die Jungen so weit sind, dass sie die Firma übernehmen können“, sagt der 67-Jährige.
Bis es so weit ist, arbeite man generationenübergreifend zusammen. Das verlaufe zwar nicht immer ganz reibungslos, doch alle Beteiligten würden von den unterschiedlichen Erfahrungen und Sichtweisen der anderen profitieren, ergänzt Julie Steinschaden. Bereits jetzt hat sie ihren ganz eigenen Zuständigkeitsbereich, aus dem ihr Vater sich heraushält. Dazu gehört vor allem die Modernisierung des Betriebs und das Marketing.
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Julie Steinschaden betont, dass sich Digitalisierung und analoge Produkte nicht ausschließen. Jeder Trend brauche einen Gegentrend und es bringe nichts, sich gegen den technischen Fortschritt zu wehren. Im Gegenteil: Sie möchte neuartige Technologien wie etwa Künstliche Intelligenz in Zukunft für das Unternehmen nutzen und so das Digitale und das Analoge verbinden.
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