Zeitarbeit: "Irgendwo scheppert's bei uns immer"

Zeitarbeit: "Irgendwo scheppert's bei uns immer"
Die Industrie beginnt mit dem Abbau von Leasingpersonal. Fachkräfte seien aber nach wie vor stark gesucht, sagt der Branchensprecher.

Die Zeitarbeitsbranche ist traditionell ein wichtiger Konjunkturindikator, spürt sie doch Auftragsrückgänge in der Industrie als erstes. So gab der Maschinenbauer Engel aus Schwertberg/OÖ am Dienstag den Abbau von 50 Leiharbeitern bekannt. Beim steirischen Autobauer Magna soll ebenfalls ein größerer Abbau bevorstehen.

Vor allem die Autozulieferindustrie in der Steiermark und Oberösterreich fährt derzeit die temporäre Beschäftigung zurück. Betroffen sind in erster Linie Hilfskräfte und angelernte Arbeiter, die zur Abdeckung von Auftragsspitzen rasch rekrutiert wurden.

Weniger offene Stellen

Qualifizierte Fachkräfte hingegen werden nach wie vor gesucht, wie ein Blick auf die Beschäftigtenzahlen zeigt. Ende Oktober war die Zahl der beim AMS arbeitslos gemeldeten Leiharbeiter mit knapp 30.000 gegenüber 2018 noch immer leicht rückläufig. Dagegen sank die Zahl der offenen Stellen österreichweit um acht Prozent auf 18.000. Ausreißer ist das Industrieland Steiermark mit minus 30 Prozent. Die Zahl der überlassenen Arbeitskräfte ging im Jahresabstand um fünf Prozent auf knapp 98.000 zurück, was jedoch immer noch ein überdurchschnittlich hoher Wert ist.

Differenziertes Bild

"Wir merken, dass die Autozulieferer schwächeln, aber das schlägt derzeit noch kaum in der Gesamtbilanz durch", bestätigt Erich Pichorner, Bundesvorsitzender der Personaldienstleister in der Wirtschaftskammer (WKO). "Irgendwo scheppert’s bei uns ja immer." Außerhalb der Autoindustrie mangle es keineswegs an Jobs, besonders Fachkräfte im IT-Bereich, Engineering oder Controlling seien stark nachgefragt. "Hier werden die Leute sogar wie wild gegenseitig abgeworben", erzählt Pichorner. In der AMS-Statistik würden sich vor allem Hilfs- und angelernte Kräfte finden, wo es eine hohe Fluktuation gebe.

Zeitarbeit: "Irgendwo scheppert's bei uns immer"

Erich Pichorner, Bundesvorsitzender der Personaldienstleister in der WKO

Pichorner beklagt einmal mehr den Verdrängungswettbewerb durch ausländische Billig-Leiharbeiter, die aus dem EU-Ausland – vornehmlich aus Slowenien – nach Österreich kommen. Von den 300.000 Entsendungen jährlich würde ein Großteil auf Leiharbeit entfallen, nicht nur die Baubranche sei betroffen. "Das Problem ist: Weil Arbeitgeber und Arbeitnehmer von den Entsendungen profitieren, schert sich keiner darum", klagt Pichorner.

1.700 Euro Mindestlohn

Spannend dürften die am 13. Dezember startenden Kollektivvertrags-(KV)-Verhandlungen in der Arbeitskräfteüberlassung werden. In den vergangenen Jahren orientierte sich das Lohnplus stets am Metaller-Abschluss, im Vorjahr gab es zwischen 2,8 und 3,2 Prozent mehr. Die Arbeitgeberseite will davon heuer abrücken und weniger drauflegen. "Wir wollen uns eher zwischen Metaller und Handel ansiedeln", so Pichorner, Geschäftsführer von Squadra Personalmanagement.

Die Gewerkschaft will das nicht hinnehmen. "In der Branche gab es zuletzt deutliche Zuwächse, da steht den Arbeitnehmern ein fairer Anteil zu", betont Thomas Grammelhofer von der Gewerkschaft Pro-Ge. Er fordert u.a. 1.700 Euro Mindestlohn und mehr Aus- und Weiterbildung in der Stehzeit.

Zeitarbeit: "Irgendwo scheppert's bei uns immer"

Mitte Dezember starten KV-Verhandlungen für 90.000 Leiharbeiter

Hire-and-Fire

Statt geschult zu werden, würden Leiharbeiter zu einvernehmlichen Kündigungen gedrängt und beim AMS landen, kritisiert Grammelhofer. "Die Firmen nehmen ihre soziale Verantwortung nicht wahr." Auch die Schaffung einer brancheneigenen Arbeitsstiftung sei an der Finanzierung gescheitert.

Pichorner weist die Kritik zurück. Allein 2018 habe die Branche zehn Millionen Euro für Schulungen ausgegeben. Eine Arbeitsstiftung hält er nicht für nötig. Nach der üblichen saisonalen Schwankung werde sich die Zahl der Leiharbeiter 2020 wieder um die 100.000 einpendeln.

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