Kritik an "Millionengeschenk" für Zeitarbeitsfirmen

In Österreich gibt es derzeit rund 120.000 Leiharbeiter
Arbeitgeberbeitrag zum Sozial- und Weiterbildungsfonds wird eingefroren. Auf den Rücken der Beschäftigten, kritisiert die AK.

Die Arbeiterkammer fürchtet um die Aus- und Weiterbildung von Leiharbeitskräften während der so genannten "Stehzeit" zwischen Überlassungen. Die Regierung hat nämlich vor kurzem das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz zugunsten der Arbeitgeber abgeändert. Konkret wurde der Arbeitgeberbeitrag zum brancheneigenen Sozial- und Weiterbildungsfonds  (SWF) bei 0,35 Prozent belassen. Die Vorgängerregierung hatte ursprünglich eine Anhebung  auf 0,5 Prozent ab 2019 bzw. 0,8 Prozent ab 2021 beschlossen.

Kalliauer: „Durch den Onlinehandel entsteht ein neuer Niedriglohnsektor, der an Ausbeutung grenzt.“

Kalliauer: Firmen wälzen Kosten auf Allgemeinheit ab

Der oberösterreichische AK-Präsident Johann Kalliauer sieht in der Änderung ein "Millionengeschenk für Leasingfirmen auf dem Rücken zehntausender Leiharbeiter." Der SWF wird von Beiträgen der Leiharbeitsfirmen finanziert. Er fördert Weiterbildungsmaßnahmen für die rund 120.000 in Österreich beschäftigten Leiharbeitskräfte und gewährt ihnen finanzielle Zuschüsse (z.B. Überbrückungsgeld) während Stehzeiten oder bei Arbeitslosigkeit, gibt der AK-Präsident zu bedenken.

Weniger für Bildung

"Den betroffenen Zeitarbeitern stehen dadurch weniger Aus-und Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung, obwohl gerade die Unternehmen mit Hinweis auf den angeblichen Fachkräftemangel eine gute Ausbildung als unabdingbar einfordern, so Kalliauer. Er kritisiert auch die Neos, die mit der Regierung mitgestimmt hatten.

Beantragt wurden die Änderungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes von den  Abgeordneten Peter Haubner (ÖVP) und Christian Ragger (FPÖ). Sie begründeten den Schritt damit,  dass der SWF trotz einer im Jahr 2017 beschlossenen befristeten Beitragssenkung von 0,8 auf 0,35 Prozent eine ausgeglichene Gebarung aufweise und mit Ende 2017 Rücklagen von 26,5 Mio. Euro gebildet habe. Diese sind im Vorjahr jedoch auf rund 18 Mio. Euro abgeschmolzen.

Die FPÖ will den SWF komplett auflösen und sämtliche Weiterbildung in Stehzeiten vom AMS finanzieren lassen.  Die AK wiederum sieht darin ein Abwälzen der Kosten auf die Allgemeinheit. Zeitarbeitsfirmen hätten kaum nteresse daran, dass sich Zeitarbeiter/-innen aus diesen prekären Beschäftigungsverhältnissen befreien und eine stabile Dauerbeschäftigung erreichen, so Kalliauer.

"Gewerkschafts-Spielplatz"

Markus Archan, Präsident von Österreichischs Personaldienstleister, hält den Fonds für überflüssig und bezeichnet ihn als „de facto millionenschweren Spielplatz für die Gewerkschaft“.  Nicht nur die gewerkschaftliche Dominanz  im SWF-Vorstand ist ihm ein Dorn im Auge, sondern auch die „europaweit einzigartige Zusatzbelastung“ von 10 Mio. Euro pro Jahr für Zeitarbeitsfirmen in Österreich. „Da wird nur Geld im Kreis geschickt,  und am Ende kommt weniger heraus als eingezahlt wurde.“  Er verweist auf die hohen Rücklagen des Fonds und kritisiert die  Förderdeckelung für die Branchenriesen.  

Kritik an "Millionengeschenk" für Zeitarbeitsfirmen

Marcus Archan, Präsident von Österreichs Personaldienstleister

Die aufziehenden Konjunkturwolken zeigen erste Spuren in der Zeitarbeitsbranche, die zuletzt starke Personal-Nachfrage lässt etwas nach. Österreichweit  waren Ende Februar rund 93.000 Leiharbeiter beschäftigt, um 2,3 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der Arbeitslosen ging im Jahresvergleich leicht auf 34.000 zurück. Das  ist immerhin jeder  zehnte beim AMS vorgemerkte Arbeitslose (ohne Schulungen).

 

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