Zahlungsmoral in Österreich besser als ihr Ruf

Unbezahlte Rechnungen beschäftigen die Firmenchefs.
Umfrage: Unternehmen mehr besorgt als nötig. Nur der Staat ist lange säumig.

Österreichs Unternehmen empfinden die Zahlungsmoral ihrer Kunden schlechter als sie tatsächlich ist. Offenbar trägt die gedämpfte wirtschaftliche Stimmung zu dieser kritischen Wahrnehmung bei: Zu diesem Schluss kommt eine Umfrage, die das Gallup-Institut im März bei 250 heimischen Unternehmen durchgeführt hat und die dem KURIER vorliegt.

"Die Zahlungsmoral ist am Ende des Tages besser, als von den Unternehmen angenommen", sagt Wolfgang Teller, Österreich-Chef des europaweit tätigen Inkassounternehmens Intrum Justitia, das die Studie beauftragt hat.

Staat überzieht 13 Tage

Konkret: Privatkunden zahlen im Durchschnitt nach 22 Tagen – gut vier Tage nach der eingeräumten Frist. Firmenkunden liegen mit 26 Tagen dreieinhalb Tage über dem gewährten Zahlungsziel.

Ein besonders schlechter Schuldner ist der Staat. Der öffentliche Sektor begleicht Rechnungen erst nach fast 38 Tagen, verpasst die Frist somit um mehr als 13 Tage.

Obwohl also zumindest im Privatsektor fast pünktlich gezahlt wird, nehmen die gefühlten Probleme zu: Nur 3 Prozent der befragten Unternehmen glauben im kommenden Jahr an eine Verbesserung, dafür sehen 29 Prozent höhere Risiken auf sich zukommen. "Die Skepsis hat sich in der vergangenen Zeit verstärkt", sagt Teller. Die Politik sei gefordert: "Die Verdrossenheit der Bürger und wirtschaftliche Schwarzmalerei sollten einer positiven Stimmung weichen."

Mit voller Absicht

Warum zahlen die Kunden überhaupt verspätet? 57 Prozent der befragten Lieferanten glauben an Absicht, 53 Prozent vermuten finanzielle Schwierigkeiten als Grund. 29 Prozent glauben an eine schlampige Verwaltung. Streitigkeiten bezüglich der gelieferten Waren und Dienste halten nur 11 Prozent für ausschlaggebend.

Und was sind die Folgen? Knapp mehr als die Hälfte der Unternehmen beklagen höhere Zinskosten durch die säumigen Zahler. Rund 40 Prozent sehen Umsatzeinbußen oder Liquiditätsengpässe als möglich. Ein Zusammenhang zwischen verspäteten Zahlungen und Jobabbau wird eher selten hergestellt: Ein Einstellungsstopp ist für 19 Prozent, ein Stellenabbau für 17 Prozent eine denkbare Konsequenz.

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