„Wir Unternehmer sind hier in einer doppelten Mühle.“ Einerseits wollen die Kunden bessere Preise, andererseits steigen die Energie-, Material- und Arbeitskosten. Außerdem werden Investitionen fällig. „Und im Herbst glauben dann alle, dass wir in den Keller gehen und die Gelddruckmaschine anwerfen“, sagt Zöchling.
Viele Unternehmen seien zwar effizienter und profitabler geworden, allerdings hätten sie das auch dringend nötig, um die vergangene Lohnerhöhung zu verkraften. Er müsse zum Beispiel gewisse Bereiche ins Ausland verlegen und woanders einkaufen. Dadurch gehen dem Standort Österreich Wertschöpfung und Arbeitsplätze verloren.
Mitarbeiter kündigen
„Wenn die von der Gewerkschaft geforderte Erhöhung von 4,5 Prozent kommt, dann muss ich bei meinem Personalstand in der Steiermark von 900 Mitarbeitern 45 Personen kündigen, um die Mehrkosten zu kompensieren“, sagt Zöchling. „Wenn dann von einem Euro nur 35 Cent beim Arbeitnehmer ankommen, fragt man sich, wie viel dieses jährliche Schauspiel der Lohnerhöhungen bringen soll.“ Die Gewerkschaft möge sich an den Finanzminister wenden, damit den Arbeitnehmern endlich mehr netto bleibe.
Zöchling fordert für heuer eine Nulllohnrunde. Der Abschluss des Vorjahres sei so hoch gewesen, als hätte ihn die Gewerkschaft alleine gemacht. „Die Branche war über diesen absurd hohen Abschluss mehr als verwundert“, so der Unternehmer. Möglich sei das nur durch die Streikandrohung geworden, doch das sei kein adäquates Mittel. „Was wäre die entsprechende Gegenmaßnahme? Betriebsschließungen, Zwangsurlaub oder keine Gehaltsüberweisungen?“, fragt er sich.
Schikanen
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten die Unternehmen mehr gut ausgebildete Mitarbeiter bekommen und weniger von der Gewerbeordnung schikaniert werden. „Die Unternehmen tragen jährlich hohe Kosten für die Weiterbildung, Ausbildung und Qualifizierung von Mitarbeitern und die Ausbildung von Lehrlingen“, sagt Zöchling. Das sollte auch einmal berücksichtigt werden. Kritik am Zwölf-Stunden-Tag versteht er nicht. „Die Mitarbeiter sind heute sehr mobil. Wer gut ausgebildet ist und vom Dienstgeber nicht gut behandelt wird, ist sofort weg.“
Die Sozialpartnerschaft hält Zöchling übrigens für eine wichtige und richtige Institution: „Die Bundeswirtschaftskammer hilft uns im Ausland wirklich.“ Zwar gebe es Optimierungsbedarf, doch unter dem neuen Präsidenten Harald Mahrer werde das merkbar angegangen.
Für Rainer Wimmer von der Gewerkschaft PRO-GE, Chefverhandler der Arbeitnehmerseite, sind Zöchlings Aussagen typische Drohungen von Arbeitgebern. „Wir leben in einem Rechtsstaat, Mitarbeiter sind nicht wie Leibeigene zu behandeln“, sagt Wimmer. Zöchling müsse zur Kenntnis nehmen, dass er nicht mehr in Russland lebe (Zöchling arbeitete für den russischen Oligarchen Oleg Deripaska), sondern in Österreich sei.
Die Inflation sei keine „Gaudi“, wenn man diese nicht abgelte, habe das fatale Folgen für die Arbeitnehmer. „Außerdem gibt es auch volkswirtschaftliche Aspekte. Wir brauchen ordentliche Erhöhungen, um das Wachstum zu stabilisieren“, sagt Wimmer. Bezüglich Streiks lässt er sich nicht dreinreden: „Wir wissen schon, was wir zu tun haben, um die Rechte der Arbeitnehmer durchzusetzen.“ Er könne sich nicht erinnern, dass deshalb Standorte zugesperrt worden seien.
„Solche Aussagen empören mich, das ist eine Arbeitgebermentalität aus dem vorigen Jahrhundert.“ Er hält an den Forderungen – 4,5 Prozent mehr Löhne und Gehälter bzw. mindestens 100 Euro mehr – fest. „2018 war sensationell, vor allem die Gewinne. Wir wollen davon ein ordentliches Stück für die Arbeitnehmer.“
"Wunsch an das Christkind"
Eine wie von Zöchling gewünschte Nulllohnrunde bezeichnet er als „Wunsch an das Christkind. Die Menschen brauchen ihre Abgeltung für die Wohnung, für Raten, fürs Tanken, fürs Leben. Und wir wissen alle, dass die Preise nicht gleichbleiben“, sagt Wimmer. Dass Unternehmen viel in Aus- und Weiterbildung investieren, stimme nicht. „Es gibt einen Facharbeitermangel, weil die Arbeitgeber immer weniger ausbilden. Vor allem die Lehrlingsausbildung ist in den vergangenen zehn Jahren ganz massiv zurückgegangen.“ Dass er den Finanzminister fragen solle, höre er ständig. „Wir machen beides. Wir fordern eine Lohnsteuerreform und ordentliche Gehälter von den Arbeitgebern.“
Den Zwölf-Stunden-Tag sieht er trotz aller Beschwichtigungen kritisch. Arbeitnehmer seien schwächer als Arbeitgeber. Die Örtlichkeit spiele oft eine Rolle. „Arbeitnehmer lassen sich oft viel gefallen, damit sie die Beschäftigung nicht verlieren“, meint Wimmer.
Der Banker als Kapitän
Der Wiener Investmentbanker Stephan Zöchling (47) übernahm 2016 mit Hans Peter Haselsteiner die Mehrheit am steirischen Auspuffanlagen-Hersteller Remus-Sebring (900 Mitarbeiter) und an der Vorarlberger Erne Group (720 Mitarb.). Er gilt als knallharter Restrukturierer. Von 2014 bis 2016 leitete er die Baudivision (15.000 Mitarbeiter) des russischen Konzerns Basic Element des Oligarchen Oleg Deripaska.
Zuvor hatte er mit Siegfried Wolf das Magna-Team geleitet, das an der Übernahme von Opel tüftelte, die später platzte. Remus ist Weltmarktführer bei Sport-Auspuffanlagen, Kunden sind u.a. Aston Martin, Bentley, McLaren, AMG, Porsche, Audi, BMW, Mercedes und VW.
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