Wo die Motoren heuer nicht mehr brummen
Es war eine langjährige Erfolgsgeschichte. 160.000 Besucher lockte die Vienna Autoshow das letzte Mal in die Messehallen im Wiener Prater. Zuletzt, das war 2020, knapp vor Ausbruch der Pandemie. Jetzt, drei Jahre später, wäre es eigentlich Anfang Jänner wieder soweit. Doch die Hallen bleiben trotz Wiederaufnahme des sozialen Lebens dunkel und leer. Warum ist das so?
Kurz zur Vorgeschichte: Anfang der 2000er-Jahre hat sich Volkswagen entschlossen, im Rahmen der Ferienmesse eine eigene Halle zu mieten und die neuesten Modelle der Gruppe auszustellen. Diese Strategie erwies sich als großer Erfolg, sodass sich andere Hersteller dran anhängen wollten. Veranstalter RX, vormals Reed Messe, ergänzte daher die Ferienmesse 2003 um die Vienna Autoshow.
Doch heuer findet nur noch die Ferienmesse (im März) statt. Christian Pesau, Geschäftsführer des Arbeitskreises der Automobilimporteure, erklärt das vor allem damit, dass das traditionelle Konzept der Automessen sich teils überlebt habe. Viele Messen würden nicht mehr stattfinden, etwa jene in Genf. „Und die IAA, ehemals in Frankfurt, hat trotz eines neuen Konzepts in München nicht funktioniert.“ Die CES in Las Vegas, eigentlich eine Techmesse, sei die einzige, die für die Branche funktioniere. Ob es irgendwann eine Neuauflage in Wien gibt, müssten die Importeure gemeinsam entscheiden. „In nächster Zeit aber nicht“, sagt Pesau voraus.
Ein weiterer Involvierter, der nicht genannt werden will, nennt im KURIER-Gespräch weitere Gründe. Zum einen wäre die Vorbereitungszeit wegen der im Vorjahr noch anhaltenden Pandemie zu kurz gewesen. Und viel wichtiger: die gestiegenen Kosten bei zugleich deutlich weniger Neuzulassungen. Die Misere obendrein: es gibt keine Messe, aber auch in die Schauräume komme kaum jemand und die digitale Vermarktung funktioniere nur bedingt.
Die Porsche Holding, Generalimporteur der Marken des Volkswagen-Konzerns, wird alleine nicht mehr am Messegelände ausstellen. VW setzt lieber auf die „Elektrotage“, die im September zum dritten Mal wieder vor dem Wiener Rathaus stattfinden werden. Dort sind auch andere Hersteller (z.B. Fiat, Kia oder Toyota) und Infrastrukturanbieter vertreten.
Unfassbar teuer
„Wir sehen international einen Trend zu regionalen Autoshows“, bestätigt Benedikt Binder-Krieglstein, Geschäftsführer des Messeveranstalters RX Austria & Germany zum KURIER. „Die großen Automessen waren für die Autohersteller so unfassbar teuer, dass diese gesagt haben, das wollen wir uns nicht mehr leisten.“
Dass auch die Vienna Autoshow für die Aussteller zu teuer war, wie kolportiert wird, lässt RX nicht gelten. „Die Vienna Autoshow war gemessen an Kosten und Besuchern eine der effizienten Autoshows in Europa“, sagt Binder-Krieglstein. Zwischen 200.000 und 300.000 Euro kostete ein Standort auf der Autoshow, das sei ein Klacks für Autohersteller im Verhältnis zur rekordverdächtigen Zahl von 160.000 Besuchern.
„Das Auto ist nach wie vor ein hochemotionales Produkt und es ist wichtig, dass man dieses Produkt dem Menschen wieder zum Angreifen gibt“, sagt der RX-Manager. „Wir stehen Gewehr bei Fuß und hätten genügend Ideen, das Format auf neue Beine zu stellen und sind dafür offen, das Ganze noch kosteneffizienter zu machen.“ Der Bedarf bei den Besuchern sei hoch, mehrere Hundert Anrufer pro Tag erkundigen sich bei RX telefonisch nach der Autoshow.
Die Ferienmesse findet im März statt
Die Tourismusmesse findet heuer gemeinsam mit der „Wohnen & Interieur“-Messe statt. „Das soll für zusätzliches Publikum sorgen“, hoffen Touristiker.
Dass die Buchungen Anfang des Jahres schon so gut anlaufen, sei nicht vorauszusehen gewesen, sind sich Touristiker einig. Viele hätten in Folge der Inflation und des Ukraine-Kriegs vor ein paar Monaten noch mit weniger Nachfrage gerechnet.
„Der Termin im März ist deswegen aber kein Nachteil“, sagt Helga Freund, Vorständin des Verkehrsbüros (Ruefa Reisen, Austria Trend Hotels, Eurotours, Hofer-Reisen). Sie hofft, dass die Messe dann einen weiteren Buchungsschub bringt – nicht nur für den kommenden Sommer, auch vor die Zwischensaisonen und schon für den nächsten Winter. Auch wenn Familien zu Ostern tendenziell schon gebucht haben. „Es gibt ja auch viele, die nicht an die Ferienzeiten gebunden sind“, so Freund.
Auch Martin Fast, Geschäftsführer von Rewe-Touristik (unter anderem Billa Reisen), hat nichts gegen den neuen Messetermin einzuwenden. Gebucht werde immer kurzfristiger, „oft zwölf bis sechs Wochen vor Abreise“, beobachtet er. Deswegen sei der Termin nicht der schlechteste. Zudem gefällt ihn der gemeinsame Auftritt mit der "Wohnen & Interieur"-Messe, der für zusätzliches Publikum sorgt. „Es wird interessant zu sehen, wie sich das entwickelt.“
Der Veranstalter
RX Austria & Germany (vormals Reed Messe, 391 Mitarbeiter) ist der größte private Messeveranstalter im deutschsprachigen Raum. RX veranstaltet 22 Messen für zahlreiche Branchen, heuer stehen „turnusbedingt“ nur 17 Veranstaltungen auf dem Programm.
Die Messen
Zu den bekanntesten Formaten zählen die Fitnessmesse FIBO, die Aluminium, die Wohnen & Interieur, die Ferien-Messe Wien, Die Hohe Jagd & Fischerei sowie die Gastro- und Hotellerie-Messe „Alles für den Gast“.
Kommentare