WK-Wahlergebnis offiziell, aber höchst umstritten

Mit Zurechnung von RfW-Stimmen zur Absoluten: Wiens Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck (Wirtschaftsbund)
Endgültiges Ergebnis der Wirtschaftskammer Wien bestätigt Absolute für Wirtschaftsbund. SWV und Grüne mit mehr Stimmen.

Die Wirtschaftskammerwahl fand auch in Wien nur einmal statt, doch inzwischen liegen vier Ergebnisse vor - ein vorläufiges und ein offizielles Endergebnis der Wirtschaftskammer Wien und jeweils ein selbst errechnetes Ergebnis der Grünen und des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes (SWV).

Am Dienstag verlautbarte die Wirtschaftskammer das endültige Ergebnis, errechnet unter Berücksichtigung der von den Fratkionen vorgelegten und schriftlich bestätigten Zurechnungen. Demnach blieb der VP-Wirtschaftsbund bei der knappen Absoluten, SWV und Grüne konnten sich noch um einen Prozentpunkt verbessern. Hier die Ergebnisse im einzelnen:

Wirtschaftsbund 50,61 Prozent (+1080 zugerechnete Stimmen), Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband 21,84 Prozent (+553 zugerechnete Stimmen), Grüne Wirtschaft 13,85 Prozent (+394 zugerechnete Stimmen), Unos 6,12 Prozent, FPÖ Pro Mittelstand (5,32 Prozent), Fachliste der gewerblichen Wirtschaft - RfW (1,26 Prozent) und Sonstige Wählergruppen 0,98 Prozent.

Die Wirtschaftskammer stellt in der Aussendung klar, dass "abweichende Erklärungen und Berechnungen" weder durch das Ergebnis der Urwahlen noch durch vorliegende Erklärungen der Fraktionen gedeckt seien.

"Tricksereien"

Für Volker Plass, Vorsitzender der Grünen Wirtschaft, hat das offizielle Wahlergebnis mit dem wahren Ausgang der Wahl nichts zu tun. Das Stimmen-Ergebnis für den Wirtschaftsbund sei nur durch "Trickserei" zustande gekommen, erneuerte Plass am Dienstag seine bereits am Wochenende erhobenen Vorwürfe des "Wahlschwindels". So habe sich der Wirtschaftsbund 1080 Stimmen, die für den RfW abgegeben wurden, einfach bei sich dazugerechnet. "Das .wäre so, als wenn Häupl bei der Wien-Wahl einfach die Stimmen für die Kommunisten bei der der SPÖ dazuzählt", ärgert sich Plass. Hätte sich der Wirtschaftsbund nicht die Stimmen von RfW und Einheitslisten zugeschlagen, käme er den Grünen zufolgenur auf 36,7 Prozent der Stimmen.

WK-Wahlergebnis offiziell, aber höchst umstritten
Volker Plass, Bundessprecher der Gruenen Wirtschaft, spricht am Mittwoch (29.06.11) in Wien (Oesterreich) bei einer Pressekonferenz ueber die politische Verantwortung fuer angebliche 23 Millionen Spekulationsverlust der Wirtschaftskammer. Die Wirtschaftskammer Wien muss in Zusammenhang mit der Insolvenz der R-Quadrat-Gruppe mehrere Millionen Euro abschreiben. Foto: Ronald Zak/dapd
Rechtliche Schritte zu ergreifen sei hingegen schwierig, meinte Plass. Die Zuzählung von Stimmen ist laut den Grünen nicht gesetzlich geregelt. Verlangt wird allerdings, dass eine neutrale Instanz eine Neuaufstellung des Gesamtergebnisses vornehmen soll. Wie sich die mutmaßlichen "Tricksereien" auf die Mandatsverteilung im Wirtschaftsparlament auswirken würde, ist laut Plass derzeit noch nicht nachvollziehbar. Das offizielle Endergebnis der Kammer bezeichnet Plass als "Ablenkungsmanöver". Ohne Sitzung der Hauptwahlkommission könne es gar kein offizielles Endergebnis geben.

Stimmen-Rettung

Der Wirtschaftsbund wehrt sich gegen die Manipulationsvorwürfe. "Bei den Wahlen in Wien traten in 100 Fachgruppen verschieden bezeichnete Listen unter "Liste 1" Österreichischer Wirtschaftsbund inklusive Zusatzbezeichnung an. All diese Listen sind und waren Listen des Wiener Wirtschaftsbundes", heißt es in eine Aussendung. Im Sinne der guten Zusammenarbeit für die jeweilige Fachgruppe hätten sich auch Kandidaten anderer Fraktionen diesen Listen angeschlossen. Eingereicht seien diese jedoch ausschließlich vom Wirtschaftsbund Wien und dem Direktor Alexander Biach worden. Dies sei ein Vorgang, der seit je her so gehandhabt wird. Alle Stimmen könnten damit nur dem Wirtschaftsbund zugerechnet werden.

Die ohne Vertretungsmandat gebliebenen Stimmen des RfW sind deshalb dem Wirtschaftsbund zugerechnet worden, da sie ansonsten verloren gegangen wären. Auch beim RfW wird diese Stimmen-Rettung bestätigt. Warum die überzähligen Stimmen aber nicht unter den Fraktionen aufgeteilt wurden, begründet RfW-Wien-Landesvorsitzender Detlev Neudeck gegenüber dem KURIER so: "Der Wirtschaftsbund war die erste Fraktion, die gefragt hat, ob sie die Stimmen haben kann, der SWV hat gar nicht gefragt." Ihm, Neudeck, sei wichtig gewesen, dass seine Fraktion die gleiche Anzahl an Mandate behalte. Trotz der Abgabe von 1080 Stimmen blieb die Mandatsanzahl für die Fachliste RfW tatsächlich unverändert.

Wie Plass spricht sich auch Neudeck für eine neues, demokratischeres Wahlrecht bei der Wirtschaftskammer-Wahl aus. Eine Forderung, die auch der SWV seit langem erhebt. Im selbst ermittelten "letztgültigen Wahlergebnis" des SWV kommt der Wirtschaftsbund auf 45 Prozent der Stimmen, der SWV selbst auf 25,6 Prozent.

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