Wirtschaftslage: 7 Gründe, die Anlass für Optimismus geben
Energiepreise, Inflation, Zinsen, Corona und Krieg: Was wurde nicht ständig gejammert. Aber die Stimmung dreht sich.
Noch vor kurzem gingen nicht wenige Experten von einer zweiten globalen Rezession, sprich von einem neuerlichen Schrumpfen der Weltwirtschaft nach dem ersten Coronajahr 2020 aus. Es wäre das erste Mal seit den 1930er-Jahren gewesen, dass die Weltwirtschaft innerhalb eines Jahrzehnts zwei Mal in die Knie gezwungen wird.
Doch der totale Absturz ist abgesagt. Auf vielen Ebenen ist – trotz aller Risiken und Herausforderungen – so etwas wie verhaltener Optimismus zu spüren.
Die Aussichten für die Weltwirtschaft hellen sich auf
Der Internationale Währungsfonds (IWF) reiht sich bei den Optimisten ein. Die Folgen des Krieges in der Ukraine und der weiterhin hohen Inflation seien besser zu verkraften als bis vor kurzem angenommen. Die Weltwirtschaft soll heuer um 2,9 Prozent wachsen. Die Hälfte des globalen Wachstums stammt aus China und Indien. Die IWF-Experten aus Washington sprechen von „positiven Überraschungen“ und einer „unerwartet hohen Widerstandsfähigkeit“ in zahlreichen Volkswirtschaften.
Auch für Österreich ist Besserung in Sicht
Hierzulande ist die Wirtschaft im vierten Quartal zwar geschrumpft, doch das war erwartet worden. Im Frühjahr soll es wieder leicht aufwärts gehen, u. a. ist der Tourismus auf Erholungskurs. Im Gesamtjahr wird ein Mini-Wachstum von 0,3 Prozent erwartet. Die Stimmung bessert sich unter anderem deshalb, weil heuer die Inflation sinkt. Nach 8,6 Prozent soll sie 6,5 Prozent betragen. Und aufgrund der deutlich niedrigeren Energiepreise könnten auch die 6,5 Prozent nach unten revidiert werden.
Die Einkommen steigen, netto bleibt mehr übrig
Höhere Lohnabschlüsse und das Aus für die kalte Progression lassen heuer die Einkommen steigen. In vielen Branchen werden Löhne und Gehälter am Monatsende ausbezahlt, daher lohnt gerade jetzt ein Blick auf das Gehaltskonto. Das Finanzministerium sagt, ein durchschnittlicher Arbeiter in einem Metallbetrieb bekommt heuer im Monat netto um 200 Euro mehr heraus. Auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayr begründet seine Zuversicht auf eine Besserung der Konjunktur mit den steigenden Reallöhnen in den Jahren 2023 und 2024.
Für Deutschland ist die Rezession abgesagt
Lange Zeit wurde für die größte Volkswirtschaft Europas ein Schrumpfen der Wirtschaft vorhergesagt. Doch die Stimmung wird besser, das zeigt etwa der Münchener Ifo-Index. Und nicht nur Ökonomen sind mittlerweile zuversichtlicher, auch die deutsche Regierung erwartet keine Rezession mehr. Im Jahreswirtschaftsbericht rechnet sie für 2023 jetzt mit einem Wachstum von 0,2 Prozent, nachdem im Oktober noch ein Minus von 0,4 Prozent für 2023 veranschlagt wurde.
Die Öl- und Gaspreise sind massiv gefallen
Mit ein Grund für all das sind die mittlerweile stark gefallenen Energiepreise, die bald auch beim Endkonsumenten ankommen müssen. Beim Gas liegt der maßgebliche Preis (Terminkontrakt für niederländisches Erdgas) aktuell bei rund 64 Euro je Megawattstunde. Auf dem Rekordniveau im Sommer 2022 kostete die MWh stolze 345 Euro. Der relativ milde Winter hat den Gas-Verbrauch gesenkt. Durch die europaweit hohe Verfügbarkeit von Windenergie wurde weniger Gas für die Stromproduktion verbraucht, auch deshalb sind die Gasspeicher voll. Eine wirkliche Herausforderung wird erst wieder der nächste Winter 2023/’24.
Beim Ölpreis werden heuer Preise von 60 bis 100 Dollar erwartet. Aktuell kostet ein Fass der Nordseesorte Brent 84 Dollar – Anfang März 2022 waren es noch 130 Dollar. Dementsprechend nach unten ging es mit den Preisen von Benzin und Diesel an den Tankstellen. Österreichweit kostet ein Liter Diesel im Durchschnitt jetzt 1,785 Euro, ein Liter Super 1,619 Euro.
Trotz China droht keine neue Pandemie-Welle
Die Abkehr Chinas von der strikten Null-Covid-Strategie hat laut britischen Angaben zu 400.000 Toten seit Anfang Dezember geführt. Peking selbst sprach zuletzt von 60.000 Covid-Toten. Chinesische Daten sind immer mit großer Vorsicht zu genießen. Fest steht, der massive Corona-Ausbruch und die zeitweise chaotische Lage hat nicht zu der befürchteten neuen Welle in Europa geführt, auch die Grippewelle flaut wieder ab.
Gewinne sprudeln, an der Börse geht es aufwärts
Nicht zuletzt sprudeln auch die Gewinne vieler Unternehmen, was sich beispielsweise in den Dividendenzahlungen großer Konzerne widerspiegelt (siehe Zusatzgeschichte unten). Die Börsen erlebten 2022 ein sehr schwieriges Jahr. In Wien ging es mit dem Leitindex ATX 19 Prozent auf 3126 Punkte nach unten. Einen Monat später hat der ATX schon wieder 7,6 Prozent zugelegt.
Kann es so weiter gehen oder ist das nur ein kurzes Aufflackern? Bei europäischen Aktien gibt es aufgrund ihrer geringeren Bewertungen Luft nach oben, die meisten Probleme des Jahres 2022 haben die Anleger längst eingepreist. Entscheidend ist: Die abnehmende Rezessionsangst in Europa wie auch in den USA erlaubt der US-Notenbank Fed wie auch der EZB in Frankfurt die Zinsen im Kampf gegen die Inflation weiter anzuheben. So wird die Nachfrage gedämpft, was auch die Teuerung – das größte Gift für Wirtschaft und Wohlstand – nach unten drückt.
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