Warum eine Niederlage im Wirtschaftskrieg gegen Putin droht

Warum eine Niederlage im Wirtschaftskrieg gegen Putin droht
Neue Ölsanktionen in Kraft, aber Putins Fähigkeit zur Finanzierung des Krieges ist kaum beeinflusst, sagen Wiener Osteuropa-Experten

Der Wirtschaftseinbruch in Russland hält sich in Grenzen und ist 2022 mit lediglich minus 2,5 Prozent sogar geringer ausgefallen, als noch im Herbst prognostiziert (3,5 Prozent). Das sagt der neueste Konjunkturbericht des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw).

Auch in diesem Jahr dürfte die Wirtschaftsleistung Russlands sinken, aber ein Absturz der Konjunktur - wie etwa zu Zeiten der Pandemie - sieht anders aus. 2023 dürfte das russische BIP um drei Prozent sinken, erwarten die Experten.

Verantwortlich dafür zeichnen neben der Teilmobilmachung und den Ausfällen beim Gas-Export nach Europa die neuen Ölsanktionen des Westens. „Die am 5. Dezember in Kraft gesetzten Sanktionen sind die effizientesten, die bisher verhängt wurden“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte am wiiw.

Wladimir Putin muss russisches Öl nun mit kräftigen Abschlägen von bisher rund 40 Prozent im Vergleich zur Nordseesorte Brent verkaufen. Das schmälert die Steuereinnahmen des Staates bzw. konkret die Exportzölle auf Öl.

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Aber, und das scheint im Moment entscheidend zu sein: Die Fähigkeit Putins, den Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren, beeinflusst das wenig, ist Astrov überzeugt. „Defizite von drei bis vier Prozent des BIP wären noch immer verkraftbar“, so Astrov. Höhere Rüstungsausgaben begrenzen zudem die russische Rezession.

Längerfristig könnten das westliche Export-Verbot für Hochtechnologie Wirkung zeigen und die Wachstumsaussichten Russlands trüben. Vorerst merkt man davon in den wiiw-Daten herzlich wenig: Für die Jahre 2024 und 2025 erwarten die Experten schon wieder positive Wachstumsraten von 1,0 beziehungsweise 1,5 Prozent. Zum Vergleich: In ihren jüngsten Prognosen für Österreichs Wirtschaft sagen IHS und Wifo für 2024 auch nur ein Wachstum von 1,2 bsi 1,8 Prozent voraus.

Die Inflation in Russland dürfte mit 5,4 Prozent heuer sogar deutlich geringer ausfallen als in Österreich (6,5 Prozent erwartet) . Auch die Arbeitslosenquote in Russland hält sich mit erwarteten 4,8 Prozent in Grenzen.

Kaum Hoffnung auf Erholung in der Ukraine

Ganz anders sind die Aussichten für die Ukraine. Das vom Krieg schwer gebeutelte Land könnte sich nach einem BIP-Einbruch von 30% im vergangenen Jahr heuer wieder etwas erholen (3%). Diese Prognose ist allerdings mit großen Unsicherheiten behaftet und hängt vor allem vom weiteren Kriegsverlauf ab.

Angesichts der enormen Zerstörungen und des wirtschaftlichen Aderlasses wäre das zudem nur ein kleiner Fortschritt. Das wiiw sagt: Russlands Bomben- und Raketenterror gegen das Land hat bereits große Teile der kritischen Infrastruktur zerstört und geht weiter. Das spürt die Ukraine vor allem in massiven  Produktionsausfällen und bei den Stromabschaltungen nach russischen Angriffen auf die Infrastruktur.

Der Finanzbedarf der Ukraine dürfte deshalb weiter steigen, sagt das wiiw. Angesichts eines für heuer prognostizierten Budgetdefizits von 20% des BIP muss die finanzielle Unterstützung durch den Westen weiterhin gewährleistet bleiben.

Osteuropa wächst schwächer

Die Volkswirtschaften der 23 Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas (CESEE) zeigen sich indes gegen einen allzu heftigen Wirtschaftseinbruch widerstandsfähig. Eines der größten Probleme ist die hohe Teuerung, auch bleiubt der weitere Kriegsverlauf ein enormer Unsicherheitsfaktor in der Region.

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„Die hohe Inflation stellt Haushalte und Unternehmen zwar vor große Probleme, nicht zum ersten Mal sehen wir aber eine beeindruckende Widerstandsfähigkeit in der Region“, sagt Richard Grieveson, stellvertretender Direktor des wiiw. „Putins Strategie, Energie als Waffe einzusetzen, ist gescheitert, nicht zuletzt, weil auch die Osteuropäer ihren Gasverbrauch deutlich reduzieren konnten“, so Grieveson.

Für 2023 prognostiziert das wiiw den EU-Mitgliedstaaten der Region ein Wachstum von durchschnittlich 1%. Damit lägen sie um 0,8% über jenem der Euro-Zone, die praktisch stagnieren wird.

Licht am Ende des Tunnels

Generell dürften die meisten Staaten der Region den ökonomischen Schock durch den Ukraine-Krieg bereits zum größten Teil verdaut haben. Zumindest unter der Annahme, dass Russland den Konflikt nicht weiter militärisch eskaliert. „Sofern das nicht passiert, könnte die Konjunktur in Osteuropa ab der zweiten Jahreshälfte wieder anspringen.

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Auch die Inflation in der Region hat ihren Höhepunkt weitgehend überschritten, wird aber hoch bleiben. Die Geldpolitik der Notenbanken könnte damit wieder etwas gelockert werden, mit positiven Effekten für das Wachstum.

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