ÖBB: Sparpaket als Bedingung für Staatshilfe

Der Güterverkehr ist das Problemkind der ÖBB
Der Brief an Finanzminister Gernot Blümel ( ÖVP) aus der ÖBB-Konzernzentrale war erwartungsgemäß nicht erfreulich. Die Holding-Vorstände Andreas Matthä (SPÖ) und Arnold Schiefer (FPÖ) schildern im mit 16. April datierten Schreiben eindringlich die Auswirkungen der Corona-Krise. Die Manager nennen zwar – noch – keine konkreten Beträge, sprechen aber ganz unverblümt Staatshilfe an.
Gerade zur Überbrückung der kommenden Monate wäre Hilfe aus dem Corona-Fonds Cofag „für den ÖBB-Personenverkehr und Postbus sowie für die ÖBB Rail Cargo sehr wertvoll“.
Sektor "extrem unter Druck"
Der Finanzminister wird ersucht um seine Unterstützung „für den ÖBB-Personenverkehr bei der Anpassung der aktuellen Verkehrsdiensteverträge und andererseits um wirtschaftliche und politische Unterstützung für den gesamten heimischen Schienengüterverkehr“. Der Sektor sei aktuell „extrem unter Druck“. Mittelfristig könne der Bahnverkehr „und damit auch die ÖBB Rail Cargo als Leitbetrieb des Sektors nur mit nachhaltigen wirtschaftlichen und regulatorischen Verbesserungen gesund weiter bestehen“.

ÖBB-Chef Andrea Matthä
Problem Güterverkehr
Keine Frage, die Corona-Krise setzt den ÖBB schwer zu. Der Personenverkehr ist um 80 Prozent eingebrochen, doch hier ist ein guter Teil durch die Verkehrsdienstverträge staatlich abgesichert. Bund, Länder und Verkehrsverbünde bestellen bei den ÖBB kostendeckend Strecken.
Das große Sorgenkind ist die Rail Cargo. Der Güterverkehr schaffte trotz guter Konjunktur im Vorjahr nicht viel mehr als eine schwarze Null. Ganz abgesehen vom Desaster mit der Q Logistics. Der Ausflug mit einem privaten Partner in den Stückgutverkehr kostete die Rail Cargo zusätzlich noch einen höheren dreistelligen Millionenbetrag. Die Bahn-Chefs befürchten, „dass die Preise des Straßengütertransportes in den kommenden Monaten weiter nach unten gehen werden“.
Notvergabe Wien-Salzburg
Zwei Tage nach dem Schreiben kam Erste Hilfe für den Personenverkehr in Form einer dreimonatigen Notvergabe für den Verkehr zwischen Wien und Salzburg. 40 Millionen Euro für die ÖBB, 8,3 Prozent für den Konkurrenten Westbahn.
Der Güterverkehr wird derzeit nur mit rund 90 Millionen im Jahr subventioniert. In Form von Zuschüssen für so genannte Einzelwagenverkehre, das sind zu einem Zug zusammengestellte Einzelaufträge.
Anders als die AUA hat die Bahn für die nächsten Monate aber kein Liquiditätsproblem, da sie selbst einen Schirm aufgespannt hat. Mit einem nationalen und internationalen Bankenkonsortium wurde eine Kreditlinie bis zu 1,2 Milliarden ausverhandelt. Diese Liquiditätsreserve kann mit Zustimmung des Aufsichtsrates je nach Bedarf gezogen werden, auch in Tranchen. Ein Staatskonzern wie die ÖBB tut sich bei Finanzierungen freilich wesentlich leichter als Private.

ÖBB und Westbahn erhalten Geld
Auflagen
Die ÖVP will staatlicher Hilfe allerdings nur unter strikten Auflagen zustimmen. Die Probleme der Bahn „kommen durch die Corona-Krise, aber auch aus der Vergangenheit durch die ineffizienten Strukturen“, diagnostiziert der türkise Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger. Die ÖBB müssten ein „nachhaltiges, wettbewerbsfähig aufgestelltes Unternehmen werden“. Dafür brauche es ein Kostenspar- und Effizienzsteigerungsprogramm.
Dessen Größenordnung beziffert Ottenschläger mit fünf Prozent der Aufwendungen. „Ich gehe davon aus, dass die Einsparpotenziale relativ rasch bis Ende 2021 umsetzbar sind. Das in jedem Unternehmen ohne große Probleme umsetzbare Potenzial von fünf Prozent der Aufwendungen sollte erreichbar sein“. Bei Aufwendungen von 6,2 Milliarden Euro reden wir von 310 Millionen Euro.

Andreas Ottenschläger (ÖVP)
Fragen an das Management
Das ÖBB-Management müsse jetzt transparent darstellen, „wo gibt es Quersubventionierungen? Wo kann bei den Strukturen eingespart werden und wie effizient ist das Personalmanagement? Welche Bereiche sind notwendig und welche nicht? Wie kann der Konzern zukunftsfit aufgestellt werden?“
Die Debatte um die Kurzarbeit für die beamteten ÖBB-Mitarbeiter habe das Unternehmen außerdem imagemäßig „schwer beschädigt“, kritisiert Ottenschläger. Rund 7.000 ÖBB-Mitarbeiter sollen in Kurzarbeit. Rund die Hälfte der ÖBBler sind jedoch quasi Beamte, mit jedem von ihnen müsste eine Einzelvereinbarung abgeschlossen werden – sofern er überhaupt gewillt ist.
CEO Matthä will zum Thema Sparpaket und Staatshilfe nur so viel sagen: „Wir sparen ohnehin an allen Ecken und Enden und haben bereits vor der Krise mit dem Transformationsprogramm Nordstern begonnen und damit die Weichen für die zukünftige Ausrichtung des Konzerns gestellt".
Die grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler, zu der die Bahn ressortiert, erhielt eine Kopie des Blümel-Briefes. Sie will derzeit zu den ÖBB keinen Kommentar abgeben.

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