Die Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard hat nicht nur 22 Milliarden Euro Börsenwert vernichtet, es sind auch mindestens 10.000 Österreicher als Aktionäre geschädigt worden. Bei einer Durchschnittsveranlagung von rund 37.500 Euro macht das unterm Strich 375 Millionen Euro Schaden.
Der Wiener Anwalt Eric Breiteneder, der 2.150 Geschädigte mit 100 Millionen Euro Schadensvolumen vertritt, hat 13 Musterprozesse gegen einen österreichischen Wirecard-Aufsichtsrat in Österreich angestrengt, der bei der Wirecard AG und bei der Wirecard Bank mehr als zehn Jahre Kontrollor war.
Zugleich wurde die EY Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in München, der Jahresabschlussprüfer von Wirecard, in Österreich geklagt. EY hat die Wirecard-Bilanzen für die Jahre 2010 bis 2018 geprüft und uneingeschränkte Bestätigungsvermerke (Testate) ausgestellt.
Falsche Testate
„Wie wir heute wissen, waren die Testate falsch“ sagt Breitender. Sowohl dem Aufsichtsrat als auch dem Abschlussprüfer EY wirft der Anwalt „vorsätzliche sittenwidrige Schädigung“ vor.
Zumindest ab 2015 seien wesentliche Teile des Umsatzes der Wirecard frei erfunden gewesen. „Obwohl EY am 8. Februar 2019 konkrete Hinweise hatte, dass in mehreren Fällen nicht vorhandene Umsätze gebucht wurden, hat EY am 24. April 2019 einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk für die Wirecard-Bilanz 2018 erteilt“, behauptet Breiteneder. „Es wurde dem Aufsichtsrat mitgeteilt, dass es diverse Probleme gibt, dennoch wurde das Testat erteilt.“ Er will nun die Frage des Kontrollversagens einer „gerichtlichen Klärung in Österreich zuführen“.
Das Oberlandesgericht Wien hat vor wenigen Tagen die inländische Gerichtszuständigkeit bejaht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Gerichtsstand Österreich ist deshalb von Vorteil, weil hierzulande rechtskräftige Urteile in drei bis vier Jahren gesprochen werden, in Deutschland dauern solche Verfahren an die zehn Jahre.
Indes geht Breiteneder davon aus, dass Wirecard für seine Vorstände und Aufsichtsräte Manager-Haftpflichtversicherungen abgeschlossen hat, und dass die Haftungssumme zumindest 300 Millionen Euro beträgt.
Dem Vernehmen nach bestreiten EY und der Ex-Aufsichtsrat die Vorwürfe.
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