Wirecard: 1,9 Mrd. Euro schweres Bankguthaben existiert nicht

Wirecard: 1,9 Mrd. Euro schweres Bankguthaben existiert nicht
Finanzskandal weitet sich aus. Europäische Banken bangen um 800 Millionen Euro an ausstehenden Krediten.

„Deutschland erlebt einen beispiellosen Finanzskandal. Es ist ein Desaster für den Wirtschaftsstandort, für die Finanzaufsicht und die Wirtschaftsprüfer, die Wirecards Bilanzen unterschrieben haben“, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Der Kurscrash beim börsennotierten deutschen Finanzdienstleister Wirecard setzte sich auch am Montag fort. Die Aktie verlor weitere 39,8 Prozent und notierte bei 14,50 Euro.

In der Nacht zuvor hatte der Konzern eingeräumt, dass jene 1,938 Milliarden Euro Bankguthaben, die auf Treuhandkonten von philippinischen Banken liegen sollten, „sehr wahrscheinlich nicht existierten“. Die Bankbestätigungen haben sich als plumpe Fälschungen herausgestellt. Damit räumt das Unternehmen eigentlich ein, Mittelpunkt eines groß angelegten Betrugs zu sein. Der für das Asien-Geschäft verantwortliche Vorstand Jan Marsalek, ist seit vergangenen Donnerstag beurlaubt, der langjährige Vorstandschef Markus Braun hat am vergangenen Freitag einen unfreiwilligen Abgang hingelegt.

Staatsanwalt am Ball

Der Ball liegt nun bei der Staatsanwaltschaft München I. Sie erwägt, die Ermittlungen auszuweiten. „Wir prüfen alle in Betracht kommenden Straftaten“, sagte eine Behördensprecherin am Montag. „Ermittlungsmaßnahmen können wir aber nicht vorab kommentieren.“ Auch die deutsche Finanzmarktaufsicht Bafin ist schwer ins Kreuzfeuer geraten. Bafin-Chef Felix Hufeld räumte Fehler bei der Aufsicht über Wirecard ein.

„Was dort passiert ist, ist ein totales Desaster und eine Schande“, sagte der Bafin-Präsident am Montag. Private und öffentliche Institutionen, inklusive seiner eigenen Behörde, hätten versagt. „Wir sind nicht effektiv genug gewesen, einen solchen Fall zu verhindern“, sagt Hufeld. „Ich nehme die öffentliche Kritik voll und ganz an.“

Auch die Ratingagentur Moody’s reagierte am Montag. Sie sieht sich nicht mehr in der Lage, die Bonität des DAX-Konzerns zu bewerten.

Die Agentur hat die Ratings für die 500 Millionen Euro schwere Wirecard-Anleihe (WKN: A2YNQ5) zurückgezogen. Die vorliegenden Informationen seien zu unzureichend oder inadäquat, um eine Bewertung beizubehalten. Der Anleihe verlor innerhalb einer Woche 65,9 Prozent ihres Nominalwerts.

800 Millionen Euro offen

Laut Agentur Bloomberg müssen einige Banken um viel Geld fürchten. 15 international tätige Institute haben Wirecard 1,75 Milliarden Euro Kreditlinien gewährt, von denen rund 800 Millionen Euro offen sein sollen. Die meisten der betroffenen Banken seien für eine Verlängerung der Zahlungsverpflichtungen, heißt es im Bloomberg-Bericht.

Zu den größten Gläubigerbanken gehören ABN Amro, Commerzbank, ING, LBBW, Barclays, Credit Agricole, DZ Bank, Lloyds, Bank of China, Citi und Deutsche Bank. Aber Wirecard hat laut Bloomberg auch Kredite bei der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien (60 Mio. Euro) und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (45 Mio. Euro). Die meisten der betroffenen Banken seien für eine Verlängerung der Zahlungsverpflichtungen, heißt es in dem Bericht. Die RLB NÖ-Wien und die RLB ÖÖ haben den Bericht auf APA-Anfrage nicht kommentiert.

 

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