Wind und Sonne überholen Kohle

In Wüsten-Regionen ist Solarstrom schon jetzt die billigste Energieform
Im Vorjahr floss doppelt so viel Geld in den Bau von Ökostromanlagen wie in Gas und Kohle.

Für Fans von erneuerbarer Energie war 2015 ein bemerkenswertes Jahr: Nicht nur, dass weltweit eine Rekordsumme in den Bau neuer Wind-, Sonnen- und Biomassekraftwerke gesteckt wurde, waren diese Investments sogar doppelt so hoch wie jene in neue Kohle- und Gaskraftwerke, geht aus dem Bloomberg New Energy Finance-Bericht hervor.

Noch ein dritter Faktor macht Angus McCrone, der für diesen Bericht federführend zuständig war, optimistisch für eine klimafreundliche Strom-Zukunft: erstmals haben die Schwellen- und Entwicklungsländer mehr in den Ausbau des Ökostroms investiert als die Industrieländer. Der Anteil der Erneuerbaren an der Weltstrom-Produktion ist mit zehn Prozent allerdings nach wie vor gering.

349 Milliarden Dollar (321 Mrd. Euro) betrugen die globalen Investitionen in Ökostrom im Vorjahr. Weltweiter Spitzenreiter war China, das 116,5 Mrd. Dollar in die Errichtung von Windrädern und Solaranlagen steckte, gefolgt von den USA und Japan. Erst auf Rang vier kommt mit dem Vereinigten Königreich ein europäisches Land. Deutschland war fünftwichtigster Ökostrominvestor. Dahinter folgen schon die Schwellenländer – von Indien über Brasilien bis Mexiko. Sogar Marokko und die Philippinen finden sich unter den Top-20-Ökostrominvestoren des Jahres 2015.

Die Trump-Falle

So erfreulich auch der Trend des Vorjahres für die erneuerbaren Energien ist, der Blick nach vorne ist getrübt. Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten könnte den globalen Ökostrom-Boom beenden, lauten die Befürchtungen. Immerhin hat Trump mehrmals betont, die Kohlekraftwerke in den USA ins Zentrum seiner Energiepolitik stellen zu wollen.

Bloomberg-Energieexperte McCrone hat da weniger Sorge. "Trump ist zwar für den Klimaschutz keine gute Nachricht, den Aufschwung der erneuerbaren Energien wird er nicht gefährden", sagt er im Gespräch mit dem KURIER. Denn auch Trump könne sich einem globalen technologischen Wandel, der in Richtung Solar und Wind gehe, nicht entziehen. Und vor allem werde er eines nicht tun: gegen wirtschaftliche Realitäten agieren.

In spätestens zehn Jahren würden Solarkraftwerke nämlich billiger Strom erzeugen als Gaskraftwerke, Kohle könnte schon vorher aus dem Markt gedrängt werden. Zudem seien die USA zweitwichtigster Investor der Welt im Bereich erneuerbare Energien. Ökoenergieunternehmen hätten durchaus ein wirtschaftliches Gewicht im Land. Und noch eines: Der US-Kongress habe erst kürzlich eine fünfjährige Steuererleichterung für erneuerbare Energien beschlossen. "Trump wird das nicht rückgängig machen können", glaubt der Experte. Weniger erfreulich ist dagegen der Rückgang der Ökostrominvestitionen in Europa. Um gut ein Fünftel weniger als 2014 steckten die europäischen Länder 2015 in den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das liegt vor allem in der Kürzung von Förderungen in Italien und Spanien und am hohen Solarstrom-Ausbaugrad in Deutschland, der zu relativ hohen Kosten erfolgte.

Preise fallen

Noch zählt Solarstrom zu den vergleichsweise teuren Energieformen. Der Ausbau kann daher nur mittels Förderungen vorangetrieben werden. Doch die Preise sinken. Mit jeder Verdoppelung der globalen Sonnenenergie-Kapazität sinken die Preise um fast ein Viertel, sagt McCrone. In sonnenreichen Gegenden wie der chilenischen Atacama-Wüste oder in Marokko könnten Solaranlagen schon jetzt am Markt mithalten. In Chile ist kürzlich das bisher kostengünstigste Solarkraftwerk an den Start gegangen: Um 29 Euro je Megawattstunde soll es Strom produzieren – billiger als Kohle in Europa.

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