Wifo/IHS: Corona dämpft die Wirtschaftserholung

Work day at a plant.
Die Erholung am Arbeitsmarkt soll heuer gebremst und die Inflation höher werden.

Die heimischen Konjunkturexperten sehen Österreichs Wirtschaft nach der Coronakrise im Vorjahr heuer und 2022 weiterhin kräftig wachsen. Beeinträchtigt wird der Aufholprozess jedoch durch eine neuerliche, vierte Covid-Welle im Herbst, die auch die Erholung am Arbeitsmarkt abbremsen dürfte, erwartet das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Beim IHS verweist man zudem auf die Lieferengpässe.

Abschwächung im August

Seit dem Frühjahr hat die heimische Wirtschaft überraschend kräftig an Fahrt gewonnen, sodass bereits zur Jahresmitte wieder das Vorkrisenniveau erreicht war, erklärte das Institut für Höhere Studien (IHS) am Freitag. Im zweiten Quartal wuchs die heimische Wirtschaft noch äußerst kräftig, ab August schwächten sich die Zuwächse aber wieder ab.

In bestimmten Dienstleistungsbranchen wird durch Covid die Wertschöpfung erneut gebremst werden, meint das Wifo. Insgesamt werde der Konjunkturaufschwung aber äußerst stark ausfallen.

Nach 6,7 Prozent Einbruch im Vorjahr geht das Wifo für heuer und 2022 von 4,4 und 4,8 Prozent Realwachstum aus, das Institut für Höhere Studien (IHS) rechnet mit jeweils 4,5 Prozent Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Am Arbeitsmarkt wird die zügige Erholung durch die vierte Corona-Welle etwas abgebremst werden, glaubt das Wifo. Dennoch soll die Arbeitslosenquote im Jahresschnitt nach den hohen 9,9 Prozent im Vorjahr aus Sicht beider Institute heuer beinahe bis auf acht Prozent sinken und kommendes Jahr auf unter 7,5 Prozent zurückgehen.

Zur Inflationsentwicklung gehen die Ansichten auseinander. Zwar rechnen beide Institute für heuer mit einer höheren Teuerungsrate von 2,8 (Wifo) bzw. 2,6 Prozent (IHS), für kommendes Jahr sieht das Wifo aber einen weiteren Anstieg auf 3 Prozent, das IHS nur 2,3 Prozent.

Starker Export

Nach dem Coronajahr 2020 mit 8,5 Prozent Rückgang des Privatkonsums in Österreich und einem um rund ein Zehntel geringeren Außenhandelsvolumen sind beide Institute für heuer und nächstes Jahr optimistischer. Der Privatkonsum soll dieses Jahr um vier, viereinhalb Prozent steigen, nachdem er mit den Corona-Öffnungsschritten wieder zugelegt hat - 2022 dann um fünf oder sechs Prozent, wobei das Wifo jeweils optimistischer ist als das IHS.

Kräftig sieht man den Außenhandel wachsen, heuer die Importe real um die neuneinhalb Prozent und die Exporte um achteinhalb bis neuneinhalb Prozent - nächstes Jahr die Einfuhren um acht bzw. sechseinhalb Prozent und die Ausfuhren um neun oder acht Prozent, die höheren Werte hat abermals überwiegend das Wifo.

Von der günstigen weltweiten Industriekonjunktur profitiert in Österreich die Sachgütererzeugung. Dabei wird der Aufschwung in der Industrie laut Wifo zwar durch den Materialmangel gebremst, fällt aber so kräftig aus, dass der Einbruch von 2020 heuer schon kompensiert sein soll.

Die Dynamik werde sich parallel zur Weltkonjunktur aber im 2. Halbjahr sowie 2022 abschwächen. Wesentliche Impulse für die Konjunktur würden heuer von der hohen Inanspruchnahme der Investitionsprämie ausgehen.

"Beispiellose Erholung"

Die Arbeitslosigkeit sinkt den Experten zufolge rasch. Der dynamische Konjunkturaufschwung führe am Arbeitsmarkt zu einer "beispiellosen Erholung", sagt das Wifo. Der Abwärtstrend der Arbeitslosigkeit seit Anfang 2021 werde in den kommenden Monaten nur vorübergehend unterbrochen werden. Im kommenden Winterhalbjahr werde die Arbeitslosigkeit im Zuge der vierten Covid-Welle zwar wieder etwas zunehmen, auf Jahressicht aber zurückgehen.

Als nationales und internationales Konjunkturrisiko sehen beide Institute nach wie vor die Coronapandemie dominieren - wie ja auch in Österreich die Konjunktur mit der Zunahme des Infektionsgeschehens seit Mitte August wieder abflaut, was den Annahmen der Prognose von Juni widerspreche, so das Wifo dazu.

"Die geänderten Annahmen über den weiteren Verlauf der Pandemie erfordern auch eine Anpassung unserer Prognose für 2022", heißt es: Für das erste Quartal geht das Wifo nun von einer Stagnation aus, auf die im Sommerhalbjahr 2022 eine kräftige Erholung folgen dürfte. Die nun bevorstehende vierte Covid-Welle dürfte vor allem die Gastronomie und Hotellerie treffen, heißt es.

Neue Risiken

Sollten sich neue Virusvarianten bilden, die gegen bestehende Impfstoffe resistent sind, würde dies den Aufschwung erheblich belasten, sagt das IHS. Auch lang andauernde Lieferkettenprobleme könnten die Erholung bremsen.

Ein weiteres Risiko sieht man im Rohstoffpreisanstieg, weil ein deutlicher Anstieg der Inflationserwartungen eine Straffung der Geldpolitik erfordern könnte. Auch auf die Probleme am chinesischen Immobiliensektor verweist das IHS als mögliche Gefährdung.

Das Budgetdefizit des Gesamtstaates sehen die Experten nach dem hohen Minus von 8,3 Prozent des BIP im vorigen Jahr nun schrittweise sinken - heuer auf 6,3 (Wifo) bzw. 6,7 Prozent (IHS) und kommendes Jahr weiter auf 1,9 (Wifo) bzw. 2,8 Prozent (IHS).

Im Gegensatz zu gewöhnlichen Konjunkturzyklen sei eine konjunkturstabilisierende antizyklische Fiskalpolitik seit Ausbruch der Covid-Pandemie kaum möglich, da die Wertschöpfungsverluste bewusst in Kauf genommen würden, um gesundheitspolitische Ziele zu erreichen, betont das Wifo dazu.

 

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