Wifo: Sanktionen gegen Banken würden Russland am härtesten treffen
Der weiter eskalierende Ukraine-Russland-Konflikt ruft die ersten Sanktionspläne gegen Russland auf den Plan, die EU-Kommission schlägt neben einer Sanktionsliste mit Hunderten Personen und Unternehmen vor, den Handel mit russischen Staatsanleihen zu verbieten, um eine Refinanzierung des russischen Staats zu erschweren. Sanktionen gegen das russische Finanzsystem treffen Russland am härtesten, sagte der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr.
"Härteste Waffe"
Russland beispielsweise vom internationalen Zahlungssystem "Swift" abzuschneiden, sei derzeit die "härteste Waffe, die wir haben", sagte der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Zwar haben sich bereits einige Länder bemüht, Alternativen zu Swift zu schaffen, dennoch wäre dann der Handel mit Russland stark eingeschränkt.
"Was noch effektiver wäre, wäre die gezielte Boykottierung der größten russischen Banken", so Felbermayr weiter. Weiters könne man die Versorgung mit ausländischen Währungen wie US-Dollar und Euro kappen. Kurzfristig würde das Russland allerdings nicht sehr wehtun, da das Land hohe Dollar-Reserven habe und aus diesen seine Rechnungen bezahlen könne.
Mittelfristig wären solche harten Sanktionen jedoch ein Thema für Russland. Denn im Falle eines Krieges würde der Rubel dramatisch abwerten und durch ein Gegensteuern der russischen Zentralbank würden die Währungsreserven rasch wegschmelzen. Weiters leide das Land unter einer hohen Kapitalflucht. Die Widerstandsfähigkeit Russlands sei in der kurzen Frist zwar gut, sollte sich ein Konflikt jedoch in die Länge ziehen, dann werde es nur schwer durchhaltbar, so Felbermayr. Europa habe langfristig eine deutlich höhere Resilienz.
Problem für RBI
Sollte es zu möglichen Zahlungsausfällen russischer Kunden bei europäischen Banken kommen, wären die Auswirkungen sehr unterschiedlich. Das größte Problem hätte wohl die Raiffeisen Bank International (RBI), die stark in Russland engagiert ist. "Es ist klar, dass Österreich in der Ukraine und in Russland ein höheres Exposure hat als die allermeisten anderen EU-Staaten", sagte Felbermayer. In Europa betreiben weiters die italienische Bank-Austria-Mutter UniCredit, die niederländische ING sowie die Societe Generale aus Frankreich Geschäfte in Russland.
Laut Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) lag das Gesamtexposure heimischer Banken gegenüber Russland (mit Stand Ende September 2021) bei 17,5 Mrd. US-Dollar. Das ist deutlich höher das Exposure deutscher Banken, welches mit rund 8,1 Mrd. Dollar nur halb so hoch ist. Noch stärker in Russland engagiert als Österreich sind dagegen Italien (25,3 Mrd. Dollar) und Frankreich (25,2 Mrd. Dollar). Das Exposure der österreichischen Banken gegenüber der Ukraine lag laut BIZ bei 4,1 Mrd. Dollar.
Präzise Formulierung
Wie hoch das Exposure einer einzelnen Bank in Russland tatsächlich ist, sei allerdings "nicht so leicht feststellbar, weil viel über Konstruktionen läuft", so der Wifo-Chef. Die Finanzmodelle, über die die russische Industrie finanziert sei, wären beispielsweise häufig über andere Handelsplätze wie London gesteuert. "Man müsste wirklich Stresstests machen, die diese ganzen Ketten zurückverfolgen," sagte Felbermayr.
Aus der Bankenbranche selbst werden indessen genau Vorgaben im Falle von Sanktionen gefordert. "Für die Banken ist entscheidend, dass Sanktionen hinreichend präzise und eindeutig formuliert sind, das heißt keine Auslegungsfragen offenlassen", sagte eine Sprecherin des deutschen Bankenverbandes BdB am Dienstag.
Kommentare