Die verpufften Millionen

Die verpufften Millionen
Der durch Rauchen verursachte volkswirtschaftliche Schaden beträgt derzeit jährlich 665 Millionen Euro. 2016 gab es wegen Tabakkonsum 12.840 Todesfälle.

Es gibt viele gute Gründe anzunehmen, dass Rauchen auch bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung einen beträchtlichen Schaden verursacht. Wie hoch der ermittelte Schaden ist, hängt allerdings von den Methoden und Annahmen ab, mit der die Berechnungen durchgeführt werden.

Laut einer im Auftrag der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) vom Institut für höher Studien (IHS) erstellten Studie beträgt der Verlust derzeit jährlich 664,7 Millionen Euro. Schließlich verursachen Raucher ja auch beträchtliche medizinische Kosten. Die NÖGKK verwies auf 12 840 Todesfälle, die im Jahr 2016 aufgrund von Tabakkonsum aufgetreten sind. Davon 230 Todesfälle durch Passivrauchen.

Es gibt aber auch Interpretationen der Studie, bei der die Schadenssumme auf mehrere Milliarden steigt. Das ist möglich, wenn man die Einnahmen des Staates aus der Tabaksteuer weglässt. Das IHS hat die Einnahmen der Republik aus der Tabaksteuer von derzeit jährlich rund 1,8 Milliarden Euro in der Rechnung berücksichtigt. Wenn nicht mehr geraucht wird, dann müsste der Staat auf diese Einnahmen verzichten oder die Steuern erhöhen.

Doch die Studienautoren sehen das anders. Den ehemaligen Rauchern bleibt mehr Geld übrig, das dann für andere Zwecke ausgegeben wird. Der Einnahmenentfall des Staates könnte durch „nur minimale Änderungen des Umsatzsteuersatzes kompensiert werden“, heißt es in der Studie.

Wie viel fehlt?

Wie viel Staatseinnahmen fehlen, hängt aber davon ab, was die nunmehrigen Nichtraucher mit dem Geld machen. Wenn sie in Österreich höher besteuerte Produkte kaufen, wird sich der Einnahmenentfall des Staates in Grenzen halten. Wenn sie das Geld auf dem Konto lassen oder in Las Vegas verspielen, wird die Finanz nicht viel davon abbekommen.

Ein weiteres Problem bei der genauen Ermittlung der Schadenshöhe sind die Modellrechnungen. Die Studienautoren haben den Lebenszyklus der Bevölkerung von 2016 mit dem Lebenszyklus einer hypothetischen Bevölkerung verglichen, die zwar dieselbe Struktur aufweist, aber nie geraucht hat. Nachfolgende Generationen werden nicht berücksichtigt. „Man lässt die derzeitige Population sozusagen auslaufen“, heißt es in der Studie.

Den größten Schaden in Höhe von 1,49 Milliarden Euro verursachen bei dieser Rechnung indirekte Kosten wie etwa Produktionsausfälle. Laut IHS-Studie gehören zu den Kostenfaktoren Krankenstände, Invalidität und vorzeitige Sterblichkeit. Die Kosten der vorzeitigen Sterblichkeit sind auch eine Folge der Annahme, dass „die derzeitige Population ausläuft“ und niemand nachfolgt. In der realen Arbeitswelt bedeutet ein frühzeitiger Tod, dass der Posten nachbesetzt wird und es vielleicht einen Arbeitslosen weniger gibt. Das passt aber nicht in die Modellrechnung. Jedoch hat das IHS den Wegfall der Pensionsausgaben des Staates bei frühzeitigem Tod berücksichtigt. Hinweise auf die ökonomischen Auswirkungen auf die Gesundheitsausgaben fehlen allerdings.

Volksbegehren

Raucher, die frühzeitig etwa an Lungenkrebs sterben, verursachen bis zu ihrem Tod oft hohe Behandlungskosten. Es ist nach deren Tod aber ausgeschlossen, dass sie noch viele weitere Jahre Kosten im Gesundheitssystem verursachen und vielleicht im hohen Alter pflegebedürftig werden. Derartige Berechnungen gibt es in der Studie nicht. Sie würden die Schadenssumme sinken lassen. Es ist daher durchaus möglich, das der Schaden unter dem vom IHS angegebenen Wert liegt.

Die NÖGKK verlangt ein „wirksames Maßnahmenpaket zur Tabakkontrolle“. Im Oktober wird ein Anti-Raucher- Volksbegehren („Don’t smoke“) der Ärztekammer und der Krebshilfe gestartet.

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