Bio-Treibstoffe: Wie viel Feldfrucht soll in den Tank?
Bis 2030 müssen die Emissionen auch aus dem Verkehrsbereich um die Hälfte reduziert werden. Nachdem die EU-Kommission im Juli ihre Pläne diesbezüglich bekannt gab, ist die Frage aktueller denn je:
Wie soll das gehen?
Von den derzeit rund fünf Millionen Pkw in Österreich müssten in achteinhalb Jahren die Hälfte, 2,5 Millionen, ohne Verbrennungsmotor auskommen.
Der ÖAMTC hält das für völlig unrealistisch, Ende 2020 waren knapp 45.000 E-Autos (oder 0,87 Prozent) unterwegs. „Maximal eine halbe Million Fahrzeuge sind bis 2030 vielleicht machbar“, sagt ÖAMTC-Experte Bernhard Wiesinger. Er plädiert für eine rasche Erhöhung der Beimischung von nachwachsenden und damit CO2-neutralen Biokraftstoffen zu Benzin und Diesel.
Das geschieht jetzt schon. Denn wer in Österreich tankt, kauft normalerweise entweder „B7“ oder „E5“. Also entweder Diesel mit sieben Prozent Biodiesel-Anteil oder Benzin mit einem fünf Prozent Bio-Ethanol Anteil. Allerdings wird deutlich mehr Dieselkraftstoff (2020: sieben Milliarden Liter) als Benzin (1,7 Milliarden Liter) getankt. Und im türkis-grünen Regierungsabkommen ist das Ziel, den Biosprit-Anteil beim Benzin auf zehn Prozent zu steigern, außerdem verankert, so Wiesinger.
Doch unumstritten ist der Vorschlag, einfach die Beimischung zu erhöhen, freilich nicht, auch wenn Österreichs Betriebe, allen voran die Agrana, jetzt schon mehr als doppelt so viel Bioethanol produzieren wie gebraucht wird – der Überschuss wird verkauft und exportiert.
Mehr Ackerfläche nötig
Aber: „Wer nach einer Erhöhung der Agrosprit-Beimischung verlangt, muss auch sagen, welche Ackerflächen für den Anbau der Rohstoffe notwendig wären“, sagt Lukas Hammer, Umweltsprecher der Grünen im Parlament. Der ehemalige Greenpeace-Mitarbeiter rechnet vor: Schon für den aktuellen Bedarf an „Agro-Treibstoff“ werden rund 240.000 Hektar Ackerfläche benötigt, die Rohstoffe werden nur zum kleinen Teil im Inland hergestellt, der Rest aus der Slowakei, Ungarn, Kroatien und anderen Balkanstaaten importiert.
Der vollständige Ersatz der hier getankten Treibstoffe durch „Agro-Sprit“ würde eine Fläche erfordern, die größer sein müsste als die gesamte Ackerfläche Österreichs (1,4 Millionen Hektar), sagt Hammer. Und er wirft ein: Hätten wir nur noch E-Autos, würden ein Hundertstel der Agrar-Fläche mit Fotovoltaik reichen, um die Autos zu laden.
„Klimaneutral und gleichzeitig Energie-autark werden, wird sich aber nicht ausgehen“, entgegnet ÖAMTC-Experte Wiesinger. Mehr noch, Österreich müsse außerdem stetig den Weg in Richtung E-Fuels gehen, sagt Wiesinger. Bei den E-Fuels geht es um den nächsten Schritt: Idee ist, mittels Erneuerbaren Energien Wasserstoff zu erzeugen, der chemisch behandelt und in künstliche Kraftstoffe ähnlich wie Benzin oder Diesel umgewandelt werden kann.
Auch das Argument will der Grüne Hammer so nicht stehen lassen. Er verweist einerseits auf Herbert Diess, den mächtigen CEO der Volkswagen-Gruppe, der E-Fuels nur für die Schiff- und die Luftfahrt für sinnvoll hält, da sich die Autoindustrie bereits für batterieelektrische Fahrzeuge entschieden habe. Und er weist auf das durchaus missglückte Aufeinandertreffen von CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet und Tesla-E-Autogründer Elon Musk kürzlich in Berlin hin. Als Laschet dort das Thema Wasserstoff ansprach, lachte Musk nur und sagte: „Die Zukunft ist elektrisch. Sie verschwenden nur Ihre Zeit.“
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