Wie meinen Sie das?
Jetzt werden ehemalige Brachflächen wieder zum Weizenanbau hergenommen, was dazu führt, dass wieder mehr CO2 freigesetzt wird, was wiederum die Erderhitzung befeuert. Solche Maßnahmen sind in Zeiten der Trockenheit und Brände schlichtweg verrückt. Das ist ein Totalversagen der Politik. Die Digitalisierung und die Gentechnik werden uns nicht retten. Wir zerstören den Boden durch Pestizide und schwere Geräte, verlieren Humus und die Artenvielfalt. Das wird sich noch einmal bitter rächen.
Die Probleme sind bekannt, aber was ist aus Ihrer Sicht die Lösung?
Konsumenten in der Europäischen Union fördern die Landwirtschaft mit der unglaublichen Summe von 55 Milliarden Euro im Jahr. Hier muss es zu einem Umdenken in den Fördersystemen kommen. Die derzeitige Flächenförderung ist eine echte Gemeinheit.
Die allerdings nicht vom Himmel gefallen ist. Sie wurde von den Bauernvertretern selbst so gestrickt ...
Die Agrarlobby ist sogar stärker als die der Chemiekonzerne. Hinter dieser Lobbyisten-Schar stehen die Großbetriebe, unter anderem aus Frankreich und vor dem Brexit auch aus Großbritannien. Ob der Bauer darauf schaut, dass das Wasser sauber und der Boden gesund bleiben, wird im aktuellen Fördersystem doch gar nicht berücksichtigt. Das muss sich schrittweise ändern. Aber die Politiker ziehen ja sofort den Schwanz ein, wenn drei Bauern sagen, dass sie mehr Pestizide brauchen.
Wen genau meinen Sie mit „die Politiker“?
Sowohl jene in Österreich, als auch jene auf EU-Ebene.
Argumentiert wird gern, dass Bio die Welt sowieso nicht ernähren kann. Um wie viel geringer sind die Erträge wirklich?
Je nach Anbausystem liegen die Ertragseinbußen bei Bio bei fünf bis 34 Prozent. Dazu gibt es einen interessanten Versuch südlich von Basel, wo seit 1978 auf 1,5 Hektar biologischer und konventioneller Anbau verglichen werden. Dieser Versuch zeigt eine erstaunlich hohe Effizienz von Bio. Bei 50 Prozent weniger Aufwand an Düngern und Energie und bei 97 Prozent weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln lagen die Anbauerträge deutlich höher als erwartet.
Wie groß war der Unterschied?
Zehn bis zwanzig Prozent weniger Ertrag bei Bio. Aber dazu kommt unter anderem, dass die Bio-Parzellen gesünder sind. Das wird ein wichtiges Thema in der Zukunft, Stichwort Starkregen. Ein gesunder Boden kann zum Beispiel mehr Wasser aufnehmen. Wenn der Boden effizient funktioniert, funktioniert das Gesamtsystem besser. Viele haben das schon erkannt und reagieren mit dem Anbau von alten Sorten, die oft robuster sind.
Aber kann Bio die Welt, – oder sagen wir weniger abstrakt – Österreich, ernähren?
Es könnte, wenn wir einen vernünftigen Fleischkonsum hätten.
Wie genau definieren Sie in diesem Zusammenhang „vernünftig“?
Laut Statistik essen die Österreicher 60 Kilo Fleisch im Jahr, laut Empfehlungen der Welternährungsorganisation WHO sollten es aber nicht mehr als 20 Kilo sein. Würden wir weniger Fleisch konsumieren, könnten wir uns von der Bio-Produktion ernähren. Dass ist derzeit aber nicht möglich, weil 65 Prozent unserer Ackerflächen für die Tierfutterproduktion verwendet werden.
Also müssten wir nur weniger Fleisch essen?
Allein die Reduktion des Fleischkonsums um zehn Prozent oder eine Reduktion der vermeidbaren Lebensabfälle um 25 Prozent könnte dazu führen, dass wir uns in Österreich biologisch und autark ernähren könnten.
Die Landwirtschaft soll für 10 Prozent der Treibhausgasemissionen in Österreich verantwortlich sein. Klingt viel ...
... hat mit der Wirklichkeit aber wenig zu tun. In diesem Wert ist ja das Viehfutter gar nicht eingerechnet, das wir aus Südamerika importieren, wo Wälder für die Tierhaltung gerodet und Moore trockengelegt werden. Bezieht man die gesamte Wertschöpfungskette mit ein, ist die Lebensmittelproduktion für 37 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Eine nachhaltige Ernährung ist echter Klimaschutz.
Kommentare