Wenn der Anleger-Schwarm die Börse ansteuert
Ob das Start-up in der Nachbarschaft, das eine umweltschonende Neuheit entwickelt hat, oder ein vielversprechendes Immobilien-Projekt: Der Schwarm jener Anleger, die sich für derartige Investitionen interessieren, wird beständig größer. Im Vorjahr wurden über die verschiedenen Crowdfunding-Plattformen insgesamt 37,1 Millionen Euro aufgebracht. In der Regel werden die Anleger dabei zu Darlehens-Gebern. Das soll sich ändern. Die Rockets Holding, mit den Plattformen Green Rocket, Lion Rocket und Home Rocket Marktführer in Österreich, geht das Thema Aktien an.
Wolfgang Deutschmann, Gründer der Rockets Holding, und sein Team haben eine Software-Plattform entwickelt, die die Vorbereitung für einen Börsengang sowie die Aktienzeichnung fast zur Gänze digitalisiert. Umgründung in eine Aktiengesellschaft, die nötige Hilfe durch Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer, die Durchführung einer Kapitalerhöhung – all das soll dieser digitale „One-Stop-Shop“ im Vorfeld eines Börsen-Listings ermöglichen.
Als Beispiel nennt Deutschmann einen kleineren Produzenten: „Durch Crowdfunding hat er die Entwicklung seines Produkts finanziert, aber jetzt will er fünf Millionen investieren.“ Für den Schwarm sei solch eine Summe zu hoch. Deutschmanns Eckpunkte: Crowdfunding ist gut geeignet für Investitionen, die weniger als eine Million Euro ausmachen. Ab 1,5 Millionen Euro sind Kapitalerhöhungen machbar.
Lücke
Aus seiner Sicht ist der Bereich ein bis fünf Millionen Euro „eine unbeackerte Lücke“, die für Emissionsbanken zu klein sei. Wenn Aktiengesellschaften in diesem Bereich Aktionäre finden müssen, passiert das meist nicht öffentlich. Durch Kapitalerhöhungen mit Hilfe der Rockets Holding „wird eine Lücke geschlossen und der Bereich wird transparenter“. Und: Durch das standardisierte Modell, das Rockets anbietet, könnten die Kosten, die für eine Umgründung und Kapitalerhöhung anfallen, um 40 bis 50 Prozent gesenkt werden. Die Holding wurde im Dezember offizieller „direct funding partner“ der Wiener Börse.
Listing
Im Lauf des Februars will Deutschmann den ersten Kandidaten für die Börse verkünden können. Womit sollten Unternehmen ausgestattet sein, um ein Listing im neuen Marktsegment (siehe rechts unten) anzudenken? „Ein siebenstelliger Umsatz sollte schon da sein“, meint Deutschmann. Gewinne seien nicht unbedingt Voraussetzung, aber eine positive Entwicklung „zumindest Richtung Gewinnzone“ sei doch erforderlich. Aktionären sollten ja auch Dividenden in Aussicht gestellt werden können.
Deutschmann ist überzeugt, dass der neue Börsenbereich gut ankommen wird. Seit rund drei Jahren werde er regelmäßig von Unternehmen und Investoren angesprochen, ob nicht auch Aktien möglich wären. Durch die Änderung des Aktiengesetzes funktioniert das jetzt. Für Anleger soll der Aktienkauf ganz leicht und digital erfolgen, verspricht man bei der Rockets Holding.
Aktuell haben die Rockets-Plattformen gut 21.500 registrierte Investoren. „Das ist wie eine kleine Depotbank“, schmunzelt Deutschmann.
Neue Börsensegmente
Eine Änderung im Aktiengesetz hat heimischen Klein- und Mittelbetrieben sowie Start-ups das Tor zur Wiener Börse geöffnet. Für diese Zielgruppe startet die Börse mit heute, Montag, die neuen Marktsegmente direct market sowie direct market plus.
Anforderungen
Für eine Notiz im direct market ist eine AG nötig, sonst gibt es fast keine Anforderungen. Im direct market plus müssen Unternehmen eine Mindestbestandsdauer von einem Jahr aufweisen und Jahresabschlüsse sowie Halbjahres-Zwischenberichte veröffentlichen.
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