Grund für Verzug
"Ein Verzug liegt immer dann vor, wenn ein vereinbarter Termin überschritten wurde. Aber es ist immer die Frage, warum der Verzug vorliegt", sagt Rechtsanwältin Irene Meingast, Partnerin bei SCWP Schindhelm Rechtsanwälte und spezialisiert auf Immobilienrecht bzw. Immobilientransaktionen.
"Derzeit wird man einen gewissen Verzug hinnehmen müssen", sagt Meingast angesichts der allgemeinen Situation, Stichwort Lieferketten. "Aber nur dann, wenn sich der Unternehmer bemüht, die Lieferung zu forcieren." Regeln ließe sich generell vieles – "man kann nach wie vor ein gewisses Lieferdatum vereinbaren und Pönalen. Bei all diesen Themen stellt sich aber die Frage, was passiert, wenn es dem Auftragnehmer nicht möglich ist, den Termin einzuhalten. Im B2C-Bereich (Auftrag zwischen Unternehmen und Privatkundinnen und -kunden, Anm.) ist es nicht üblich, Pönalen zu haben."
Beispiel
In der Praxis wird man gut beraten sein, sich mit dem Vertragspartner wenn möglich zu einigen, wenn es Probleme gibt. Und so gut es geht zu verhindern, dass es überhaupt zu Problemen kommt. Irene Meingast rät, schon vor Vertragsabschluss einen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin einen Blick auf den Vertrag werfen zu lassen. "Grundsätzlich ist es immer gut, alles in angemessenem Detail zu regeln. Bei einem Einfamilienhaus gibt es eine weniger hohe Regelungsdichte als bei einem Großprojekt."
Ein Beispiel aus der Praxis von Privatpersonen, die Haus bauen: Person x hat eine Garage mit fixem Lieferdatum im Mai bestellt. Die Garage kommt aber nicht im Mai, sondern erst im November. Hier wird die Frage entscheidend sein, welcher Schaden dem Auftraggeber entsteht, wenn die Garage nicht im Mai geliefert wird. Das kann beispielsweise sein, wenn ein tolles Auto angeschafft wurde und man eine andere Garage mieten muss, um das Auto sicher unterzubringen. Zweiter wichtiger Aspekt: Ob nachgewiesen werden kann, ob die Baufirma ein Verschulden trifft, etwa ein Organisationsverschulden. "Das ist immer dann gegeben, wenn die Baufirma nicht mit der notwendigen Sorgfalt arbeitet. Da reicht schon fahrlässiges Handeln aus – etwa wenn die Baustelle nicht ordentlich organisiert ist, die Materialien nicht gut bestellt wurden etc.“ Aber: "Das zu beweisen ist schwierig."
Pauschalpreis
Auch wenn es Preissteigerungen in der Zeit zwischen Bestellung und geplanter Lieferung gibt, kommt es darauf an, was vereinbart wurde – nämlich eine Pauschalpreisregelung oder nicht. "Es ist möglich, einen echten Pauschalpreis zu vereinbaren. Wenn das ordentlich ausformuliert ist, hält das. Aber man muss einiges beachten" – in manchen Fällen könnten sehr wohl Preissteigerungen weitergegeben werden. "Es gibt verschiedene Varianten", erklärt die Expertin. "Es gibt Varianten, wo im Vertrag zwar ein Pauschalpreis steht, Preissteigerungen aber trotzdem möglich sind."
Die Beobachtung der Expertin: Je professioneller die beteiligten Parteien seien, desto eher würden alle Wert darauf legen, eine Lösung zu finden. Meingast empfiehlt Bauleuten, einen ersten Brief von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin an die Vertragspartner zu schicken, wenn eigene Bemühungen für eine Lösung nicht gefruchtet hätten. "Oft hilft ein solches Aufforderungsschreiben schon. Zumindest, um die Gespräche wieder in Gang zu bringen." Kommt es zum Streit zwischen den Parteien, rät sie zur außergerichtlichen Lösung. "Die ist meist schneller und kosteneffizienter."
Kommentare