Weniger Geld: Staat drosselt Förderungen für Lehrlinge

Überbetriebliche Ausbildung bei Jugend am Werk
Überbetriebliche Ausbildung: Beihilfe für über 18-Jährige wird gekürzt, die überregionale Vermittlung forciert.

Braucht es in Zeiten akuten Fachkräftemangels noch teure staatliche Ersatzlehrstellen? Die Regierung will die einst als Reaktion auf eine klaffende Lehrstellenlücke geschaffenen, überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen (ÜBA) kräftig zurückstutzen. Von einer ursprünglich befürchteten Auflösung von Lehrwerkstätten ist zwar keine Rede mehr, die staatlichen Fördermittel sollen aber verstärkt in Betriebe fließen. Im Regierungsprogramm ist von „klaren finanziellen Anreizen“ zur Aufnahme einer betrieblichen Lehre die Rede.

Das AMS setzt nun den Rotstift an und kürzt die so genannte Ausbildungsbeihilfe (Pendat zur Lehrlingsentschädigung, Anm.) für Jugendliche über 18 Jahre, die eine ÜBA besuchen. Diese erhielten bisher unabhängig vom Lehrjahr monatlich 753 Euro. Ab Herbst sind es im ersten und zweiten Lehrjahr nur noch 325,80 Euro. AMS-Sprecherin Beate Sprenger bestätigt die Kürzung gegenüber dem KURIER. Sie verweist auf die aktuell rund 20.000 offenen Lehrstellen. Ziel sei daher, möglichst viele ÜBA-Lehrlinge in echte Lehrplätze zu bringen (siehe Artikel rechts). „Es ist nie Ziel der ÜBA gewesen, dass alle Lehrlinge dort die gesamte Lehrzeit bleiben“, so Sprenger.

Sonderfall Wien

Seit es aber die Möglichkeit des Lehrabschlusses in der ÜBA gibt, sank der Anreiz, sich um echte Jobs umzusehen. Auch weil die Arbeitszeiten -und -bedingungen in der ÜBA oft attraktiver sind als in der freien Wirtschaft. In Wien sind rund 23 Prozent der fast 17.000 Lehrlinge bei AMS-Partnern wie Jugend am Werk, bfi oder Weidinger & Partner untergebracht. Etwa ein Drittel bleibt dort bis zur Lehrabschlussprüfung. Die Wiener „Auffangnetze“ sind längst bestens ausgestattete, aber teure Lehrbetriebe. Rund 70 Millionen Euro kosten sie den Steuerzahler jährlich. Um auch volljährigen Schulabbrechern eine Berufsausbildung schmackhaft zu machen, wurden im Vorjahr die Beihilfen erhöht. „Es gelang uns dadurch viel besser, junge Menschen ohne Abschluss von der Straße zu holen“, berichtet AMS-Wien-Chefin Petra Draxl. Fehle der finanzielle Anreiz für die Ausbildung, würden sich viele nur mit Gelegenheitsjobs durchschlagen.

Für überflüssig hält Draxl die Lehrwerkstätten in Wien noch lange nicht. Zum einen sinke die Zahl der Ausbildungsbetriebe in Wien kontinuierlich und zum anderen würden die Probleme im Übergang Schule–Beruf durch die starke Zuwanderung nicht kleiner. Nach wie vor klagen viele Betriebe über Bildungsmängel bei den Schulabgängern. ÜBA und Schulen sollen daher noch besser vernetzt werden.

Ab nach Tirol

Weil aktuell besonders in Westösterreich die Lehrlinge fehlen, vermittelt das AMS Wien gemeinsam mit der Wirtschaftskammer junge Arbeitsuchende verstärkt aus Wien hinaus. „Die Chancen für eine Lehre in einem echten Betrieb verbessern sich für jene, die bereit sind, Wien zu verlassen“, sagt Draxl. Die Vermittlung scheitere aber sehr oft an der fehlenden Infrastruktur in ländlichen Regionen wie Kinderbetreuung, günstige Wohnmöglichkeiten oder öffentliche Verkehrsverbindungen. Viele junge Wiener hätten heute keinen Führerschein mehr, weiß Draxl, „da müssen manche Gegenden noch urbaner werden“.

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