Wem der drohende Handelskrieg schadet

Wem der drohende Handelskrieg schadet
Die halbe Welt steht für Ausnahmen von den Zöllen an. Die sind schlecht für die US-Wirtschaft, aber gut für Trumps Ego.

US-Handelsminister Wilbur Ross wirft der EU und China pharisäerhaftes Verhalten vor. „Die nennen sich Freihandelsbefürworter? Dann sollen sie ihr Verhalten an die Rhetorik anpassen“, wetterte Trumps protektionistische Speerspitze im Gespräch mit TV-Sender CNBC . Die Tirade fand kurz vor dem Treffen des 80-Jährigen mit EU-Kommissarin Cecilia Malmström statt. Die Schwedin wollte für die Europäer in letzter Minute Ausnahmen bei den US-Strafzöllen ausverhandeln.

Was passiert, wenn es keine Einigung mehr gibt?

Dann heben die USA ab Freitag, 23. März, 25 Prozent Strafzoll auf Stahl- und 10 Prozent auf Aluimporte ein. Die EU würde sich mit Aufschlägen für eine breite Liste von US-Produkten revanchieren, von Stahlerzeugnissen über Motorräder und Yachten bis zu Cranberries, Käse, Jeans, Whiskey oder Kosmetika.

Was verlangen die USA von der EU eigentlich?

Das blieb bisher diffus. Einmal wollte Trump höhere Rüstungsausgaben der europäischen NATO-Partner – was die EU gar nicht beschließen kann. Dann kritisierte er „unfairen Wettbewerb“. Ross nannte als Beispiel die Zölle für Pkw-Importe. Da verrechnen die USA nur 2,5 Prozent, die EU 10 Prozent und China sogar 25 Prozent. Und Ross will das Überangebot an Billigstahl auf dem Weltmarkt reduzieren – dafür sei China hauptverantwortlich, er sieht aber eine Mitschuld der EU.

Stimmt es, dass die EU sich in Wahrheit viel stärker abschottet als die USA?

Die USA (insbesondere die Republikaner) waren traditionell Verfechter eines liberalisierten Handels. Die Importzölle in die USA liegen im Durchschnitt tatsächlich unter jenen der EU. Das Pkw-Beispiel ist freilich sehr beliebig gewählt: Bei Lkws, Pick-up-Trucks, Schuhen, Textilien oder Erdnüssen sind die US-Zölle höher. Und in China bestimmt gar nicht der Markt, sondern die Kommunistische Partei, was ins Land darf und was nicht.

Warum senkt die EU nicht als Entgegenkommen die Pkw-Tarife auf US-Niveau?

Genau das schlagen liberale Ökonomen wie Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr vor. Allerdings würde ein denkbar schlechtes Vorbild geschaffen, wenn Erpressung zum Erfolg führt. Nicht von ungefähr wurde beim geplanten Handelsabkommen TTIP jahrelang über Zölle gefeilscht – damit beide Seiten gleichmäßig profitieren. Diesen Deal wollte aber Trump nicht mehr haben.

Könnte TTIP tatsächlich wiederbelebt werden?

Das ist Zukunftsmusik, aber die Chancen sind gestiegen. Die Mehrzahl der EU-Länder ist unverändert dafür. Und US-Minister Ross ließ in Davos aufhorchen, indem er feine Unterschiede hervorstrich: Der Ostasienpakt (TPP) mit Japan und Co sei von den USA gekündigt, der Pakt mit der EU (TTIP) liege nur auf Eis.

Wem der drohende Handelskrieg schadet

Wem schaden die US-Zölle, die ab Freitag gelten, am meisten?

Den USA selbst (siehe Grafik). Das klingt zwar paradox, weil die Zölle die US-Wirtschaft schützen sollen, ist aber logisch: Hohe Importzölle helfen zwar US-Stahl- und Alufirmen, höhere Preise und Gewinne zu erzielen, weil Konkurrenz ferngehalten wird. Der Sektor spielt aber mit 150.000 Arbeitern keine große Rolle. In den verarbeitenden Branchen, die höhere Preise verdauen müssten, werkeln zwei Millionen. Und dort fielen mehr Arbeitsplätze weg als die 10.000 neuen Stahljobs. Von Österreichs Stahl- und Aluexporten in die USA wären 70 bis 80 Prozent von Zöllen erfasst, das sind rund 520 Mio. Euro.

Warum hält Trump daran unbeirrbar fest?

Weil es ihm gefällt, die halbe Welt als Bittsteller nach Washington zu zitieren. Und weil er glaubt, ein Handelskrieg sei für die USA „gut und einfach zu gewinnen“. Dabei drohen neben der EU auch Japan, China, Südkorea und Brasilien mit Retourkutschen. Das mache ihm keine Angst, sagte Wilbur Ross. So könnten die Chinesen auf Soja aus den USA doch gar nicht verzichten: „Sie müssen ihr Volk ernähren. Und mit uns kriegen sie den besten Deal.“

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