Welthandel: Der Chefsessel in Genf ist das kleinste Problem

Kritisch beäugt: Azevedo und Trump beim World Economic Forum in Davos 2020
Was der vorzeitige Rücktritt des WTO-Chefs Roberto Azevedo für die Zukunft der Welthandelsorganisation bedeutet.

Wenn die Mannschaften beschließen, sich ab sofort an keine Regeln mehr zu halten: Ist dann der Schiedsrichter schuld, wenn kein faires Spiel zustande kommt?

In etwa dieser Situation ist die Welthandelsorganisation (WTO) – eigentlich seit ihrer Gründung 1995, aber aktuell mehr denn je.

Am besten stellt man sich die Rolle der Genfer Institution als zweigeteilt vor: Sie arbeitet Regeln für den globalen Handel aus, wobei es meist um freien Marktzugang, Mindeststandards und Maximalzölle geht. Und sie überwacht die Einhaltung der Regeln und schlichtet Streitfälle. Zumindest sollte sie das. In beiden Funktionen ist die Institution blockiert.

Der letzte große Wurf, eine globale Einigung auf solche Regeln, datiert noch aus der Zeit vor der WTO („Uruguay-Runde“). Die „Doha-Runde“ ist seit 2001 in unzähligen Anläufen gescheitert, weil es keine Einigkeit über den Abbau von Agrarförderungen gab. Bilaterale Handelsabkommen (zwischen zwei Staaten oder Blöcken), wie sie die EU mit Kanada oder Japan abgeschlossen hat, sind aus der Not geboren, weil die WTO nicht vorankommt. Nur ein Mini-Erfolg war ihr vergönnt: Seit 2017 ist ein Abkommen in Kraft, wie Formalitäten für Zölle und Co. einfacher (digital) erledigt werden können.

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