Was die Leerstandsabgabe (nicht) kann
Kampf dem spekulativen Leerstand. Mehr Wohnraum mobilisieren. Finanzielle Entlastung für Gemeinden. Vor allem diese drei Argumente sind es, die in der Politik gerne hervorgeholt werden, wenn es um die Befürwortung einer Leerstandsabgabe – also einer verpflichtenden Abgabe für Eigentümer von nicht vermieteten oder zu Wohnzwecken genutztem Wohnraum – geht. Einige Bundesländer haben bereits eine Leerstandsabgabe eingeführt (siehe Infobox). Dabei ist die Leerstandsabgabe zumindest bei Ersteren beiden Argumenten keine große Hilfe.
Kein Zahlenmaterial
Aber zuerst zu den Zahlen: Eine österreichweite Zahl, wie viel Wohnraum überhaupt leer steht, gibt es nicht. Für die Bundeshauptstadt Wien grassieren Schätzungen von 30.000 bis 100.000 Wohnungen, allerdings sind das reine Annäherungen. "Es scheitert ja schon an der Definition, was Leerstand überhaupt ist", sagt Wifo-Ökonom Michael Klien. Nimmt man nur die Wohnungen ohne Hauptwohnsitz her, stecken in dieser Statistik noch immer viele Zweitwohnsitze und vor allem Wohnungen, die nicht benutzbar sind, etwa, weil sie saniert werden müssen.
"Was noch dazu kommt: Oft sind die leer stehenden Wohnungen im ländlichen Raum. Selbst wenn dieser Wohnraum mobilisierbar wäre, ist nicht klar, ob der Bedarf dafür gegeben wäre." Weder Klien noch IHS-Chef Klaus Neusser glauben, dass die Leerstandsabgabe dem Problem der Wohnungsknappheit gegenwirken kann.
Umgang mit Raum und Boden
Wo eine Leerstandsabgabe aber sehr wohl Sinn ergeben könne, ist beim Thema sparsamer Umgang mit Raum bzw. Boden. "Leere Wohnungen sind ja an Infrastruktur angeschlossen. Das kostet Geld", sagt Klien vom Wifo und nennt ein Beispiel: "Regionen, in denen die Abwanderung sehr stark ist, haben das Problem: Wenn weniger Wasser konsumiert wird, teilen sich die Fixkosten auf viel weniger Köpfe auf. Denn für diese Wohnungen müssen nur die Anschlusskosten bezahlt werden." Ähnlich sei es bei der Müllabfuhr. Vor dem Aspekt einer "Kostengerechtigkeit" könne eine Leerstandsabgabe sinnvoll sein.
An den von der Politik vielpropagierten "spekulativen Leerstand", wonach Investoren Wohnungen kaufen und leer stehen lassen würden, um die Wertsteigerung abzuwarten und einige Zeit später teuer zu verkaufen, glaubt Klien nicht. "Investoren vermieten ja ganze Wohnhausanlagen. Es wäre kein gewinnoptimiertes Verhalten, die Wohnungen in dieser Zeit nicht zu vermieten." Wer Wohnungen unvermietet verkaufen will, könne die Zeit ja mit befristeten Mietverträgen überbrücken.
"Gewisser Leerstand notwendig"
Eines wird bei dieser Debatte aber gerne vergessen, so Klien: Nämlich, dass "ein gewisser Leerstand notwendig ist, um die Immobilienpreise zu beruhigen. Null-Leerstand ist für Verkäufer bzw. Vermieter eine extrem günstige Situation, weil niedriger Leerstand darauf hindeutet, dass zu wenig Angebot da ist". Auch aus diesem Grund seien Leerstände ein "ziemliches Politikum. Denn zu viel Leerstand wiederum bedeutet ein Überangebot".
Die große Frage beim Thema Wohnung ist auch, wie sich die Preise entwickeln werden. Immerhin waren sie in den vergangenen Monaten sehr hoch. Die Gefahr einer Blasenbildung sieht IHS-Chef Neusser nicht. "Das liegt daran, dass die Hypothekarzinsen in Österreich nicht so bedeutend sind wie in anderen Ländern."
Guter Zeitpunkt
Sehr wohl gebe es aber Anzeichen dafür, dass der Markt in den vergangenen Monaten überhitzt war und die Preise etwas zurückgehen.
Wifo-Ökonom Klien sieht keinen Rückgang. Aber: Der Zeitpunkt, eine Immobilie zu kaufen, sei günstiger als vor einem Jahr. Denn selbst wenn die Preise annähernd gleich bleiben, sehe man folgenden Effekt: "Bei zehn Prozent Inflation und gleichbleibenden Preisen bei wachsenden Löhnen werden die Immobilien ja auch billiger."
- Leerstandsabgabe
Die Steiermark, Salzburg und Tirol haben eine Leerstandsabgabe eingeführt, die ab 2023 in Kraft tritt. Grundsätzlich ist die Einhebung und Höhe, die sich am Verkehrswert der Liegenschaft orientiert, Sache der Gemeinden. Es gibt Obergrenzen sowie Ausnahmeregelungen. In der Regel müssen die Eigentümer den Leerstand selbst melden
- Zweitwohnsitzer
Eine Zweitwohnsitzabgabe ist aktuell in Tirol, Vorarlberg und teilweise in Kärnten fällig. Ab 2023 ist sie für Salzburg und die Steiermark geplant
- Kompetenzen
Die Länder sind in ihren Kompetenzen eingeschränkt – die meisten Kompetenzen liegen beim Bund
Kommentare