Denn in beiden Unternehmen werken noch Beamte. Grundsätzlich ist die Vertretung von Arbeitnehmern im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) geregelt, das in Großunternehmen Zweistufigkeit vorsieht. Über den einzelnen Betriebsratskörperschaften thront noch der Zentralbetriebsrat.
Bei Post und Telekom gibt es jedoch eine dreistufige Struktur. Zwischen den Personalvertretungskörpern in den Betrieben und dem Zentralausschuss sind zusätzlich Bundesländer-Personalausschüsse eingezogen.
Die Post hat 47 Betriebsräte, die sich ausschließlich um die Belegschaftsvertretung kümmern. Bei der Telekom stehen 46 freigestellte Personalvertreter auf der Gehaltsliste. Zum Vergleich: Bei der OMV, dem größten Industrieunternehmen des Landes, sind in Österreich nur neun Betriebsräte freigestellt.
„Das Post-BVG gehört ersatzlos gestrichen“, fordert Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker und will kommenden Mittwoch im Parlament einen Entschließungsantrag dazu einbringen. Ein Antrag im Sozialausschuss fand zuvor keine Mehrheit. Die Grünen wollen sich erst mit den Personalvertretern abstimmen. Nicht anzunehmen, dass diese gegen ihre eigenen Privilegien reden werden.
Immer weniger Beamte
„Warum schützt die Regierung die Betriebsratskaiser in der Post“, empört sich Loacker. Börsenotierte Unternehmen „brauchen faire Marktbedingungen“.
Das bleibe ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner der Post schuldig, „er schädigt auch damit den Steuerzahler, dem die Hälfte der Post AG gehört“.
Die Post ging 2006 an die Börse, der Staatsholding ÖBAG gehören knapp 53 Prozent. An der Telekom, die seit 2000 an der Börse notiert, hält die ÖBAG 28,4 Prozent.
Da längst keine neuen Mitarbeiter mehr den unkündbaren Beamtenstatus erhalten, schrumpft die Zahl der Staatsdiener kontinuierlich. War 2010 noch jeder zweite Postler Beamter, sank deren Zahl (in Vollzeit-Äquivalenten) von mehr als 11000 auf heute rund 4200. Detto bei der Telekom. Dort ging die Beamten-Quote von 57 Prozent auf 32 Prozent zurück. Trend weiter sinkend.
Vorläuferin beider Unternehmen war einst die Österreichische Post- und Telegraphenverwaltung, 1866 als Sonderabteilung im Handelsministerium eingerichtet. Alle Mitarbeiter waren Beamte oder Vertragsbedienstete. 1996 erfolgte die Umwandlung in eine AG. ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch (SPÖ) und der ÖVP-Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer brachten das Post-Betriebsverfassungsgesetz als rot-schwarzen Initiativantrag im Nationalrat ein. Mit dem Ziel, die Personalvertretung explizit zu regeln.
Privileg einzementiert
Die Begründung war damals schon schwammig und klingt heute nur noch absurd. Die „sachliche Rechtfertigung“ für das Gesetz sei darin zu sehen, dass die besagten Unternehmen „Tätigkeiten verrichten, die von anderen Unternehmen nicht besorgt werden“. Es sei die „besondere Struktur dieser Unternehmen sowie auch die der bisherigen Personalvertretungsorgane zu berücksichtigen, die entgegen der für das Arbeitsverfassungsgesetz typischen Zweistufigkeit dreistufig sind“.
Der Status quo eines Staatsbetriebes wurde hiermit für die Zukunft festgeschrieben.
Das Post- und Telekom-Geschäft hat sich inzwischen gravierend verändert, private Mitbewerber traten auf den Plan. „Der Anteil der Beamten bei der Post hat sich auf rund 23 Prozent reduziert. Die ehemaligen ,Post-Unternehmen’ stehen im Wettbewerb und derartige sondergesetzlichen Regelungen wirken wettbewerbsverzerrend“, erklärt Post-Sprecher Michael Homola dazu gegenüber dem KURIER. Würde bei der Post das Arbeitsverfassungsgesetz angewendet werden, würde sich die Anzahl der Betriebsräte/Personalvertreter um ca. 50 Prozent reduzieren. Somit würden Zusatzkosten von rund 1,5 Millionen Euro wegfallen, rechnet Homola vor. „Auch würde sich die Struktur der Personalvertretung auf zwei Hierarchien reduzieren, was der heutigen Betriebsorganisation entsprechen würde“.
Richard Köhler, oberster Post-Betriebsrat und Vorsitzender der Gewerkschaft GPF, sieht das naturgemäß anders: „Diese Bestimmung ist keineswegs überholt, die Post hat ja auch heute noch Beamte und eine dreistufige Hierarchie“, verweist er auf die Personalämter für die Beamten in den Regionen.
Von der Telekom gab es dazu keine inhaltliche Stellungnahme.
andrea.hodoschek@kurier.at
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