Um nichts wird so heftig gestritten wie ums Geld. Selbst auf Expertenebene.
Derzeit geht es vor allem um die Frage, ob die große Geldentwertung droht, zieht doch die Inflation seit Monaten an. Nicht nur in Europa, rund um den Globus. Angeheizt wird die Teuerungsrate durch die steigenden Energiepreise. Da weltweit wieder mehr eingekauft wird, muss auch mehr produziert werden. Die Rohstoffe und Vorprodukte werden knapp, was die Preisspirale auf breiter Front nach oben schraubt.
Im Mai lag die Inflation im Euroraum bei 2 Prozent und damit leicht über dem Ziel der Zentralbank. Aus Sicht der EZB-Experten noch kein Grund, nervös zu werden. Die Notenbanker argumentieren, dass es sich um ein vorübergehendes Phänomen handelt, hervorgerufen durch kurzfristige Engpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten. Ergo kein Anlass, auf die geldpolitische Bremse zu steigen.
Das milliardenschwere Notkaufprogramm zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wird also beibehalten, hat die EZB am Donnerstag bekannt gegeben. Der Leitzins im Euroraum verharrt weiterhin auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Ein Ende das billigen Geldes ist also nicht in Sicht – das ist die gute Nachricht für alle, die derzeit quasi zum Nulltarif auf einem Schuldenberg sitzen. Kritiker sehen das billige Geld
in Kombination mit dem derzeit steigenden Konsumhunger, der wiederum auf knappe Rohstoffe trifft, als eine gefährliche Mixtur, die die Preise zwangsläufig nach oben schrauben wird.
USA heben ab
In den USA hat die Inflation im Mai bereits einen weiteren Schub nach oben bekommen. Die Verbraucherpreise haben im Mai 2021 das Niveau des Vergleichsmonats 2020 um 5 Prozent übertroffen und lagen damit höher als von Experten erwartet (4,7 Prozent). Zum Vergleich: Im April hatte die Inflationsrate noch einen Wert von 4,2 Prozent erreicht. Davon unbeeindruckt wollen auch die Experten der US-Notenbank an ihren Geldspritzen für die Konjunktur festhalten. Sie liefern mehr oder weniger die gleichen Argumente wie ihre Kollegen in Europa: Die aktuell hohe Inflationsrate sei auf den pandemiebedingten Wirtschaftseinbruch im Vorjahr zurückzuführen und damit ein temporäres Phänomen. Monat für Monat pumpt die Fed umgerechnet knapp 100 Milliarden Euro in den Markt – und will das weiterhin tun.
Währenddessen rechnet Chinas Notenbank-Gouverneur Yi Gang im laufenden Jahr mit einer Teuerungsrate von unter 2 Prozent. „Natürlich gibt es Unsicherheiten in Bezug auf die Pandemiesituation in Übersee, die wirtschaftliche Erholung und die Konjunkturpolitik“, sagte er. Aber darauf werde man achten.
Die Verbraucherpreise in China waren im Mai mit 1,3 Prozent so kräftig gestiegen wie seit acht Monaten nicht mehr. Im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank (Zielwert 2 Prozent) strebt China übrigens eine Inflationsrate von etwa 3 Prozent an.
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