Warum jetzt Fassbier abgefüllt wird und Dosenbier knapp wird

Mehrere Krüge Bier mit Schaum stehen auf einem Tisch.
Der Lockdown hat zu Turbulenzen am Biermarkt geführt. Dosen wurden Mangelware, später wurden auch Bierflaschen knapp

Es gibt Brauereien, für die der Gastro-Lockdown ein Geschäft war. Die Egger Brauerei zum Beispiel. Sie füllt (neben Flaschen) deutlich mehr als 100 Millionen Dosen im Jahr ab und liefert diese an Supermärkte und Diskonter (teils unter den Eigenmarken der Handelshäuser). Das Geschäft florierte, während die Lokale geschlossen blieben.

Nicht nur in Österreich, auf der halben Welt. Das hat zu Problemen in der Lieferkette geführt, weiß Egger-Geschäftsführer Frank van der Heijden: „Seit zwei, drei Monaten ist es schwierig, ausreichend leere Dosen am Markt zu bekommen. Auch, weil am großen US-Markt die Nachfrage gestiegen ist und leere Dosen von Europa in die USA verschifft worden sind.“US-Konzerne haben also den europäischen Markt leer gekauft. Im Laufe der Monate habe sich das Problem zugespitzt. Beim Bier haben dann viele auf Mehrwegglas umgestellt, was wiederum dazu geführt hat, dass man kaum noch neue Bierflaschen bekommen hat.“

Dazu kommen neuerdings Engpässe bei Folien und Kartons, die van der Heijden in dieser Intensität noch nie erlebt hat. Die Preise seien seit Jahresbeginn um jeweils 40 Prozent in die Höhe geschossen.

Ein Mann mit Brille, Anzug und hellblauem Hemd vor einem grünen Hintergrund.

Egger-Geschäftsführer Frank van der Heijden: „Seit zwei, drei Monaten ist es schwierig, ausreichend leere Dosen am Markt zu bekommen."

Die Gründe für diese Preisausschläge liegen aber außerhalb seiner Branche. Van der Heijden: „Folie ist ein Nebenprodukt der Kerosinherstellung. Da in der Pandemie weniger geflogen wurde, wurde weniger Kerosin produziert.“ Zudem ist die Nachfrage nach Karton infolge des boomenden Onlinehandels gestiegen. Es kommen einfach mehrere Faktoren zusammen, die die Preise treiben und das Angebot verknappen. „Früher gab es bei Trays Lieferzeiten von sechs Wochen, jetzt wartet man bis zu sechs Monate auf die Lieferung.“ Ein Problem, da ja nicht klar ist, wie sich die Nachfrage entwickelt, sagt der Egger-Geschäftsführer auch mit Blick auf die Gastro-Öffnung am 19. Mai. Man könne schwer prognostizieren, wie gut sich das Gastro-Geschäft mit Abstandsregeln und ohne große Veranstaltungen entwickelt, sagt van der Heijden, der normalerweise weniger als zehn Prozent des Umsatzes in der Gastronomie macht.

1.000 Fässer pro Tag

Währenddessen bereitet die Ottakringer Brauerei alles für die Gastro-Öffnung vor. „Die Vorlaufzeit in Wien war kurz, weil die Politik lange keine Entscheidung getroffen hat“, sagt Ottakringer-Geschäftsführer und Braumeister Tobias Frank. Seine Außendienstmitarbeiter sind gerade damit beschäftigt, die Schankanlagen zu warten, bis zu 50 Mitarbeiter liefern Bier an die Gastronomie aus, die Fassabfüllung – die ein halbes Jahr still stand – fährt wieder auf voller Leistung: „Wir füllen in jeder Schicht mehr als 1.000 Fässer ab. Die Stadt hat Durst.“ Sonderschichten gibt es bisher noch keine, das könne sich aber noch ändern. „Wir sind bereit.“

Ähnliches ist aus der Salzburger Stiegl Brauerei zu hören. „Wir haben schon vor einigen Wochen angefangen, unsere Kapazitäten wieder hochzufahren und unsere Biertanks zu füllen“, sagt Geschäftsführer Thomas Gerbl. „Denn wenn unsere zigtausend Gastro-Kunden alle gleichzeitig bestellen würden, dann würde das unser System sprengen.“

Die größte Herausforderung sei die Planungsunsicherheit gewesen, deswegen habe die Privatbrauerei bereits im Herbst begonnen, die Kapazitäten hochzufahren.

Entwarnung gibt es für all jene, die fürchten, dass sie nach der Gastro-Öffnung dasselbe Schicksal ereilen könnte, wie die Briten: Sie haben nach den Pub-Öffnung ziemlich schnell sämtliche Bier-Vorräte weggetrunken, saßen plötzlich vor leeren Gläsern. „Uns wird das Bier nicht ausgehen“, sagt Sigi Menz, Obmann des Brauereiverbandes. „Die Gastroöffnung kam wirklich nicht überraschend, wir hatten Zeit, uns vorzubereiten.“ Wie das Geschäft anläuft, bleibe abzuwarten. Schließlich fehlen Touristen, Veranstaltungen und große Feste. Der Lockdown habe die Brauereien in sehr unterschiedlichem Ausmaß getroffen, erklärt der Branchensprecher. „Im Durchschnitt liegt der Gastro-Anteil bei 30 Prozent, bei manchen aber jenseits der 50-Prozent-Marke.“

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