Warum es zur Brettljausn oft eingelegte Gurken und Pfefferoni aus Indien gibt
Der Gurkenprinz hat derzeit kaum Zeit zum Verschnaufen. Er steht auf seinem Pfefferoni-Feld im Burgenland, das gefühlt bis zum Horizont reicht. Zwischen den grünen Blättern blitzen rote und grüne Paprika hervor, dazwischen weiße Blüten.
„Die finalen Erntewochen verlaufen optimal, die Qualität der Rohware stimmt“, sagt Jürgen Hagenauer, der bei der Firma Staud’s für die Saure Sparte sowie für die Marke Gurkenprinz zuständig. Selbstverständlich ist das dieses Jahr nicht, schließlich sind durch die extreme Hitze im April und und den Kälteeinbruch im Mai viele Kulturen bereits in der Keimphase zusammengefault und mussten erneut gesetzt werden.
Für die Bauern ein Ärgernis, schließlich verdoppeln sich damit die Kosten der Saat. Und die Ernte steht spätestens im Supermarktregal unter einem enormen Preisdruck.
Im Handel stehen ihre Gurken und Pfefferoni in direkter Konkurrenz zur Ernte von türkischen oder indischen Feldern, die zu Kampfpreisen in den Markt drängen. Oft unter den Billigmarken der großen Handelshäuser.
Jürgen Hagenauer zur Pfefferoni-Ernte
Hagenauer: „Die Qualität aus dem Ausland ist oft gar nicht so schlecht. Aber es wird natürlich zu ganz anderen Arbeitskosten und unter ganz anderen Umweltauflagen produziert, da können wir niemals mithalten.“ Woher die Pfefferoni und Gurkerl kommen, interessiert offenbar die wenigsten Kunden. Selten liest jemand den Herkunftsnachweis auf dem Etikett, wissen die Vermarkter. Entscheidend für den Kauf ist vielmehr der Preis - und bei diesem ist die Importware trotz der zurückgelegten Transportkilometer unschlagbar.
Nachschub aus der Region
Staud’s kann und will in diesem Segment nicht mithalten. „Wir kaufen drei Viertel des Gemüses in Österreich ein und verarbeiten alles in Österreich“, betont Stefan Schauer, Geschäftsführer der Süßen Sparte von Staud’s (Bild oben). Konkret kommt das einlegte Gemüse in den Staud’s- und Gurkenprinz-Gläsern vorrangig von Bauern aus dem burgenländischen Seewinkel, der Steiermark und Niederösterreich. Die Gemüse-Ernte wird dann im burgenländischen Stegersbach großteils per Hand in die Gläser gelegt. Hagenauer: „Es gibt ja gar keine Maschinen, die unsere Spiralpfefferoni in die Gläser abfüllen könnten.“
Auch die Verarbeitung der Früchte für die Marmeladen des Wiener Traditionsbetriebs erfolgt nach wie vor in Wien-Ottakring, selbst die Marillen werden dort nach wie vor per Hand entkernt.
Sorgen bereitet den Staud’s-Geschäftsführern der Nachschub. Auf den Feldern machen sich Nachwuchssorgen breit. Hinter vielen Hofübergaben steht ein großes Fragezeichen.
Als Oliver Michlits zwölf, dreizehn Jahre alt war, war ihm klar, dass er den Hof seiner Eltern nicht übernehmen will, erzählt er im KURIER-Gespräch. Jetzt, gut zehn Jahre später, baut er unter anderem auf zwei Hektar Land Bio-Pfefferoni für Staud’s an. Rund 70.000 Pflanzen hat er heuer ausgesetzt, die Ernte wird etwa 33 Tonnen schwer sein. Um diese einzufahren, kommen rund 20 Erntehelfer auf Ungarn und Rumänien – „allesamt langjährige Mitarbeiter“, betont Michlits.
Neben den Bio-Pfefferoni baut er unter anderem Ingwer und Kiwibeeren an. „Ich wollte keine klassischen Kulturen wie Mais machen, bei denen man dann 100 Hektar Land braucht, um vom Ertrag gut Leben zu können.“ Insgesamt bewirtschaftet Michlits aktuell 26 Hektar, dazu kommen noch die Flächen seines Vaters und seines Bruders, die zusammen den Bio-Pusztahof bilden. „Wir bauen auf insgesamt 140 Hektar unterschiedliche Kulturen mit unterschiedlichen Erntezeiten an und können so gut zusammen arbeiten.“ Nachsatz: „Zuerst haben nur ich und mein Bruder in Bio-Qualität produziert, mittlerweile haben wir auch meinen Vater davon überzeugt.“
In der Praxis bedeutet der Verzicht auf chemische Schädlingsbekämpfungsmittel viel Arbeit und Tüftelei. „Wir haben heuer Schlupfwespen im Kampf gegen den Maiszünsler eingesetzt und damit sehr gute Erfolge erzielt“, erzählt Hagenauer. Genau genommen bestellen Bio-Bauern die Larven der Schlupfwespen, die dann auf den Feldern die Eier des Maiszünslers vertilgen.
Auf der Suche nach solchen umweltfreundlichen Schädlingsbekämpfungsmitteln kooperiert Hagenauer – der selbst Einlegegurken und Pfefferoni im Burgenland anbaut – mit der Universität für Bodenkultur. Unter anderem experimentiert er mit dem Einsatz diverser Pilzpräparate zur Bekämpfung des Baumwollkapselwurms. „Wir müssen das Problem mit eingeschleppten Schädlingen in den Griff bekommen. Unsere Einlegeware muss einwandfrei sein.“
Neue Generation an LandwirtenHagenauer beobachtet, dass eine neue Generation von Bauern am Start ist. „Viele haben einen gut bezahlten Brotjob, wollen aber davon unabhängig etwas Besonderes in der Landwirtschaft machen.“ Die Suche nach regionalen Lieferanten wird in den nächsten Jahren aber das Top-Thema bleiben.
„Unser Kapital sind unsere langfristigen Partnerschaften, die wir in den vergangenen 30 Jahren aufgebaut haben“, sagt Firmengründer Hans Staud. Um den Preiskampf mit der ausländischen Ware macht er sich zumindest in seinem Hauptgeschäft am Brunnenmarkt in Wien Ottakring keine Sorgen. „Unser Kunden wollen eine Spitzenqualität und fragen nicht nach den Preis, das sehe ich jeden Tag in unserem Geschäft.“
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