Besonders im Bau- und Baunebengewerbe sowie in der Industrie trennen sich Betriebe von gering qualifizierten Leiharbeitskräften. Auf der anderen Seite haben sie angesichts des Fachkräftemangels in den vergangenen Monaten aber auch überdurchschnittlich viele gut qualifizierte Leiharbeiter ins Stammpersonal übernommen.
„Da findet gerade eine Umschichtung zu Lasten unserer Branche statt“, schildert Lercher. Eine gesuchte Fachkraft zu rekrutieren koste heute „drei mal so viel wie vor fünf Jahren“. Für Betriebe sei es daher bequemer und billiger, jemanden anzustellen, den sie schon kennen.
Jeder 2. übernommen
Üblicherweise werden pro Jahr maximal ein Drittel aller Leiharbeitskräfte übernommen. Bei TTI wechselte zuletzt jeder zweite Fachkraft den Arbeitgeber. „Wir haben 2.000 Beschäftigte an die Beschäftigerbetriebe verloren. Um die Abgänge zu kompensieren, müssen wir jährlich 60.000 bis 80.000 Bewerbungen bewältigen“, erzählt der TTI-Chef. Nur eingesetztes Personal bringe Geld.
Aktuell gebe es mehr als 900 offene Stellen. Der heimische Personaldienstleister hat rund 4.800 Beschäftigte (3.800 davon in Österreich) und betreibt 48 Standorte in Österreich, Deutschland, Kroatien und Malta. Zur Gruppe gehören auch die IFAS Personalmanagement GmbH , Squadra, JobsExperts und Berger Personal-Service.
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Weiterbildung?
Gemäß Kollektivvertrag sollte rückgestelltes Personal in der Stehzeit weiterqualifiziert werden, laut Gewerkschaft landet es aber zumeist gleich beim AMS. Es werde nicht immer gleich gekündigt, widerspricht Lercher, sagt aber auch: „Wir können das Personal nicht immer in der geforderten Geschwindigkeit nachqualifizieren“.
Mit bangen Blicken beobachtet man in der Zeitarbeitsbranche die laufenden Kollektivvertrags-Verhandlungen in der Metallindustrie. Traditionellerweise lehnt sich der KV-Abschluss bei den Arbeitskräfteüberlassern, der ebenfalls im Herbst verhandelt wird, an jenen der Metaller an. Ein zweistelliges Gehaltsplus werde die Arbeitslosigkeit weiter steigen lassen, glaubt Lercher. Viele Betriebe könnten die hohen Lohnkosten nicht mehr stemmen. Um Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu helfen, könnte der Staat den Lohnverhandlern steuerlich entgegenkommen, schlägt Lercher vor.
Warten auf COFAG-Hilfen
Völlig unverständlich ist dem TTI-Chef, dass sein Unternehmen – wie viele andere auch – noch immer auf die Auszahlung der bei der Covid19-Finanzierungsagentur COFAG beantragten Corona-Hilfen warten muss. Millionen, mit denen er bereits fix kalkuliert habe, stünden jetzt plötzlich wieder in den Sternen. „Als Unternehmer brauche ich von der Politik keine Versprechungen, dass rasch geholfen wird, sondern Rechtssicherheit“, sagt Lercher.
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