Warum die Fleischpreise in Österreich vor Weihnachten steigen

Bauernverband informiert über Afrikanische Schweinepest
Schweinefleisch dürfte um ein bis zwei Euro pro Kilo teurer werden. Erste Preisanpassungen bei Spar und Billa. Zunächst ist Wurst betroffen.

"Schwein gehabt" gilt derzeit für die heimischen Schweinebauern. Die afrikanische Schweinepest in China treibt seit Monaten die Preise hierzulande in die Höhe, nun kommt die Preissteigerung auch bei den Endverbrauchern an. Betroffen sind davon nicht nur der Braten und das Schnitzel, sondern auch ein erheblicher Teil der Würste, die teilweise aus Schweinefleisch hergestellt werden.

"Schweinefleisch muss im Supermarkt um ein bis zwei Euro pro Kilo teurer werden", zitieren die "Oberösterreichischen Nachrichten" Johann Schlederer, den Chef der österreichischen Schweinebörse. Bisher hätten insbesondere die Schlachthöfe und Verarbeitungsbetriebe die Mehrkosten geschluckt.

Supermärkte

"Zu Weihnachten werden der Lungenbraten und der Schinken für die Österreicher spürbar teurer sein", so seine Einschätzung. Und auch bei der Handelskette Spar rechnet man mit anziehenden Preisen, erste kleinere Anpassungen habe es schon gegeben. Bei Rewe (Billa, Merkur, Adeg) spricht man ebenfalls von "schrittweisen Preisanpassungen" und rechnet damit, dass die angespannte Situation noch ein paar Monate andauern werde. Betroffen seien insbesondere Würste, da die Chinesen eher fetteres Fleisch aufkaufen würden.

In der EU notieren Schlachtschweine nach den Einkaufstouren der Chinesen mittlerweile über 1,80 Euro je Kilo, ein Drittel höher als vor einem Jahr. In der Europäischen Union ist zuletzt der Schweinebestand mit knapp zwei Prozent rückläufig gewesen. Knapp 140 Millionen Schweine leben in der EU.

Tödliche Krankheit

Die afrikanische Schweinepest ist für Menschen ungefährlich, für die Tiere kann sie aber tödlich enden. Das Reich der Mitte ist der weltgrößte Erzeuger und Konsument von Schweinefleisch. Die Hälfte des Schweinebestands in China soll bereits dahingerafft worden sein.

  "Es ist die gefährlichste Krankheit, die die Schweineindustrie je erlebt hat", sagte die Expertin Cui Ernan vom Unternehmensberater GavekalDragonomics in Peking. Die Hälfte des Schweinebestands in China wurde bereits dahingerafft. Auch der Weltmarkt reicht nicht, um die Versorgungslücke im bevölkerungsreichsten Land zu füllen.

 

 So schnell wird sich China von der Schweinepest und den verheerenden Folgen für seine Schweinehaltung aber nicht erholen. Nach allen Erfahrungen wird es "bestenfalls fünf Jahre, schlimmstenfalls viele, viele Jahre" dauern, sagte Cui Ernan von GavekalDragonomics. Die Herausforderungen in den kommenden fünf, zehn oder mehr Jahren seien groß. Dafür sei eine massive Transformation der Industrie von den heute in China weit verbreiteten Kleinzüchtern zu Großbetrieben mit strengen biologischen Kontrollen nötig. 

Schon heute hat die Schweinepest in China mehr als eine Billion Yuan, umgerechnet 128 Mrd. Euro, an direkten wirtschaftlichen Schäden angerichtet, wie Li Defa von Chinas Landwirtschaftsuniversität schätzte. Die Zahl wollte der führende Tierexperte eigentlich geheim halten. "Sie sollte nicht an die Öffentlichkeit", hieß es in seinem Umfeld. Doch geriet die als "realistisch" eingeschätzte Kalkulation aus einem Industrieforum an die Öffentlichkeit, weil mutige Journalisten die Zahl berichteten.

 

Dass das wahre Ausmaß der Seuche vertuscht wird, ist typisch für den Umgang mit solchen Krisen in China, verhindert aber immer wieder ein schnelles und wirksames Vorgehen. Ein ganzes Jahr nach dem ersten Fall im August 2018 musste Vizepremier Hu Chunhua einräumen: "Die wirkliche Lage der Epidemie ist viel schlimmer, als uns bewusst war."

Aber auch die Entschädigungen für betroffene Bauern waren in diesem Sommer noch so gering, dass es für sie wenig Anreize gab, einen Ausbruch zu melden. Die Tiere zu schlachten und das infizierte Fleisch heimlich und schnell auf dem Markt zu verscherbeln, war für die Züchter allemal lukrativer, was noch zur weiteren Ausbreitung der Schweinepest im Land beigetragen hat.

Der dramatische Rückgang der Schweinefleischproduktion hat die Preise in China im September sogar um 69,7 Prozent steigen lassen und treibt maßgeblich die Inflation voran. Die Unruhe im Milliardenvolk ist groß, da Schweinefleisch zu zwei Drittel zum Fleischkonsum beiträgt. So ist die Schweinepest auch eines der drängenden Themen in den Fluren des Jingxi-Hotels in Peking, wo seit Montag erstmals seit 20 Monaten wieder das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei tagt.

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