Wenn sich Österreich mit internationalen Maßstäben vergleicht, wandert der Blick fast automatisch zum großen Nachbarn.
Das sei nicht in allen Bereichen sinnvoll, sagte Jeffrey Franks vom Internationalen Währungsfonds (IWF) am Dienstag – die Experten stellten in Wien ihren alljährlichen Länderbericht vor. Überraschend: Gerade in Budgetfragen sei Deutschland, der Sparmeister des Euroraums, kein gutes Vorbild, findet der IWF.
Dass Österreich zwei Jahre hintereinander Budgetüberschüsse verzeichnet habe, sei "sehr positiv". Die Staatsschulden würden in einigen Jahren von aktuell 70 Prozent unter die Maastricht-Vorgabe für Euroländer von 60 Prozent sinken, voraussichtlich im Jahr 2024.
Darüber hinaus gebe es allerdings "keinen Bedarf an weiterer Budgetkonsolidierung", so Franks. Der IWF empfiehlt stattdessen ein "im Groben und Ganzen ausbalanciertes Budget", das sei schon bei einem strukturellen Defizit von -0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung gewährleistet. Damit ist jener quasi dauerhafte Budgetsaldo gemeint, der zustande kommt, wenn man das Auf und Ab der Wirtschaft herausrechnet. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wird sein erstes Budget am 18. März vorstellen.
Öko-Steuern
Deutschland hat es aus IWF-Sicht mit dem Sparen übertrieben, zu wenig investiert und seine Infrastruktur verfallen lassen. Das geht zu Lasten des künftigen Wirtschaftswachstums. Auch bei der Umwelt sei Deutschland keine ideale Richtschnur, da sei Österreich "weit vorne", zumal die Nachbarn mit dem Kohleausstieg zu kämpfen haben.
Apropos Umwelt: Die Experten aus Washington sehen Spielraum für progressiv ansteigende CO2-Steuern, allerdings sollte die Steuerlast hierzulande dadurch nicht noch größer ausfallen. Eine Entlastung der Arbeitnehmer via Lohn- und Einkommenssteuer sei dabei wichtiger als die Senkung der Körperschaftsteuer, obwohl auch Österreichs Steuern auf Unternehmensgewinne etwas über dem OECD-Durchschnitt lägen.
Die wirtschaftliche Lage bewerten die IWF-Ökonomen als relativ gut, auch wenn sich 2020 das Wachstum auf 1,25 Prozent abschwächen dürfte. Die Arbeitslosigkeit bleibe annähernd gleich.
Apropos: Von den Flüchtlingen, die in den vergangenen Jahren ins Land gekommen sind, sind rund 40 Prozent in den Arbeitsprozess integriert. "Das ist eine recht gute Performance", sagte Franks. Mit besseren Trainingsmaßnahmen, speziell beim Spracherwerb, lasse sich das allerdings noch verbessern.
Wirtschaftliche Risiken
Die ökonomische Erwartung sei allerdings aktuell durch einige prominente Risiken bedroht: Neben dem Coronavirus würde Österreich eine stärkere Abschwächung in Deutschland und Osteuropa sowie neuerliche Handelsturbulenzen – mit den USA oder durch den Brexit – zu spüren bekommen.
Gute Noten erhält der Bankensektor: Diesen hält der IWF für widerstandsfähig und gut gegen etwaige Krisen gerüstet. Die Kosten seien freilich noch zu hoch.
Eine Immobilienblase sieht der IWF trotz stark gestiegener Haus- und Wohnungspreise – vor allem in Wien – noch nicht. Es sei aber gut, wenn sich die Aufsichtsbehörden wappnen. Der Wohnbau sei zwar in den vergangenen zwei Jahren verstärkt worden. Da sei aber noch mehr nötig, um den hohen Bedarf zu decken und die Preise leistbar zu halten.
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