Vorstand: Werden ThyssenKrupp ohne Hiesinger auf Kurs halten

Vorstand: Werden ThyssenKrupp ohne Hiesinger auf Kurs halten
Der Personalvorstand rief die Belegschaft zum Zusammenhalt auf, der Betriebsratschef warnt vor Konzernzerschlagung.

ThyssenKrupp-Personalvorstand Oliver Burkhard hat die Belegschaft des deutschen Mischkonzerns nach dem angekündigten Rücktritt von Vorstandschef Heinrich Hiesinger zum Zusammenhalt aufgerufen. Ohne die Arbeit Hiesingers würde ThyssenKrupp nicht mehr existieren, schrieb Burkard im Netzwerk LinkedIn. Nun sei es für die gesamte Belegschaft "Pflicht und Privileg", die Arbeit fortzusetzen.

"Der Kapitän verlässt das Schiff, aber zusammen werden wir ThyssenKrupp auf Kurs halten", betonte er. Hiesinger hatte am Donnerstag seinen Rücktritt angeboten. Der Aufsichtsrat will heute, Freitag, über das Gesuch beraten.

Hiesingers Abgang alarmiert die Arbeitnehmer. Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath warnte vor einer Zerschlagung und einem Ausverkauf des Industriekonzerns. Er sehe die Gefahr, dass der Rest des Mischkonzerns von Finanzinvestoren zerschlagen werde, sagte Segerath der Deutschen Presse-Agentur. Der IG-Metall-Vertreter gehört dem Aufsichtsrat von ThyssenKrupp an, der an diesem Freitag über die Bitte Hiesingers über Auflösung seines Mandats als Vorstandschef entscheiden will.

"Integrer Mensch"

Die IG Metall bedauerte den angekündigten Rücktritt von Hiesinger. "Auch wenn wir in der Sache oft unterschiedlicher Meinung waren - Herr Hiesinger ist ein integrer Mensch", sagte Detlef Wetzel, früherer IG-Metall-Chef und stellvertretender Aufsichtsratschef von ThyssenKrupp Steel, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (Freitag). Er bedauere, dass Hiesinger den Konzern verlassen wolle.

Hiesinger hat in einem Brief an die Mitarbeiter seine Beweggründe näher erläutert. "Diese Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht - ganz im Gegenteil", hieß in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden internen Schreiben des Managers. Er verwies darauf, dass eine große Rückendeckung notwendig sei, um als Vorstand voranzukommen. "Die breite Unterstützung der Aktionäre und im Aufsichtsrat war Grundlage für den Erfolg der Strategischen Weiterentwicklung von ThyssenKrupp seit 2011, bei der wir uns immer gleichermaßen an den Interessen von Kunden, Mitarbeitern und Aktionären orientiert haben", schrieb der 58-Jährige.

Er hatte zuvor den Aufsichtsrat am Donnerstag darüber informiert, dass er sein Mandat niederlegen wolle. Offenbar fehlte es ihm nach der Kritik einiger Investoren an seinem Kurs an der ausreichenden Unterstützung, um nach dem Stahl-Joint-Venture auch eine neue Strategie zu stemmen. Er betonte doch auch in dem Brief: "Das gemeinsame Verständnis von Vorstand, Aufsichtsrat und wesentlichen Aktionären über die strategische Ausrichtung von ThyssenKrupp war für mich eine wichtige Voraussetzung, um als Vorstandsvorsitzender ThyssenKrupp erfolgreich zu führen." Er erinnerte an die Fortschritte, die der Konzern seit der Krise durch das milliardenschwere Desaster im amerikanischen Stahlgeschäft gemacht habe. Mit dem beschlossenen Stahl-Joint-Venture mit Tata sei ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem starken Industriekonzern erreicht worden.

Neue Strategie gefordert

Zum Abschluss sprach er den Beschäftigten Mut aus. "Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sie können stolz sein auf das, was Sie erreicht haben. Ich danke Ihnen allen von Herzen." Bei seinen vielen Besuchen vor Ort, in den Werken, an den Standorten sei er immer wieder vom Einsatz und der Verbundenheit der Mitarbeiter tief beeindruckt gewesen. "Bewahren Sie sich bitte diese Haltung. Bewahren Sie sich Ihre Zuversicht und Ihren Mut auf dem Weg nach vorne. Ich sage Danke. Es war mir eine Ehre, dieses Unternehmen zu führen."

Die Fondsgesellschaft Union Investment hat eine neue Strategie für den Mischkonzern gefordert. "Nun besteht die Chance, eine neue Strategie zu entwickeln, den Konzernumbau voranzutreiben und damit den Konzern neu auszurichten", sagte Fondsmanager Ingo Speich am Freitag. "Der Nachfolger sollte daher auch eine neue Perspektive einbringen und nicht an der bestehenden Strategie festhalten", fügte Speich hinzu. Der Aufsichtsrat wollte am Freitag über Hiesingers Rücktrittsgesuch beraten. Eine Annahme galt als wahrscheinlich. Als möglicher Interimschef wurde Finanzvorstand Guido Kerkhoff gehandelt.

Kommentare