Vor der Schweiz gereiht? Lang, lang ist’s her

Wo sind die kleinen Einsteins?
Ringen um Talente und Fachkräfte: Österreich ist in einer Rangliste seit 2006 von Platz 1 auf 19 abgesackt.

Noch eine bittere Niederlage gegen die Eidgenossen: Die Schweiz schafft es weltweit am besten, junge Talente zu formen, zu finden und zu binden. Das ergibt die jüngste Studie der Wirtschaftshochschule IMD in Lausanne. Sie untersucht, wie gut es den Ländern gelingt, den Bedarf ihrer Unternehmen an kompetenten Arbeitskräften zu stillen – sei es durch gute Schulen, Investitionen in Bildung, aber auch durch gezieltes Anwerben von Talenten aus dem Ausland.

Die Schweizer sind in dieser Hinsicht Seriensieger. In zehn Jahren ist es laut der Datenauswertung nur einem Land gelungen, sie zu übertrumpfen – und zwar Österreich. Das war aber im Jahr 2006, seither ging es stetig bergab. Im jüngsten "World Talent Report 2015", der am Mittwoch veröffentlicht wurde, landet Österreich nur noch auf Platz 19 von 61 untersuchten Staaten.

Es fehlen fähige Manager

"Österreich hat an Attraktivität für Talente eingebüßt", sagt IMD-Direktor Arturo Bris zum KURIER. "Das liegt zum Teil am generellen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, grundsätzlich hat aber auch das Bildungssystem seine Anbindung an den Unternehmenssektor verloren." Österreichs Reformen sollten die Schulen "fit für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts" machen. Ganz schwach sei Österreich bei der Verfügbarkeit fähiger Manager – nur Platz 41. Direkt hinter der Schweiz liegen im Ranking Dänemark und Luxemburg, Deutschland ist Siebenter. Schlusslicht ist Bulgarien auf Platz 61.

Vor der Schweiz gereiht? Lang, lang ist’s her

Österreichs Stärken und Schwächen

„Zu den Schwächen Österreichs gehören beispielsweise die hohe Besteuerung von Einkommen, die Verfügbarkeit von nachgefragten Facharbeitern und Führungskräften (Senior Managers), die ihr Fachwissen an die Jüngeren weitergeben können, sowie die Bedeutung, die der Wissenschaft in den Schulen beigemessen wird“, sagte IMD-Studienautor Jose Caballero zur APA. Die Lebenshaltungskosten seien - im internationalen Vergleich - zudem relativ hoch. Dafür werde aber auch ein verhältnismäßig sicheres Umfeld mit geringer Kriminalität geboten, räumte Caballero ein.

Als herausragendste Stärken des österreichischen Standortes strich der Ökonom die öffentlichen Ausgaben pro Schüler im Sekundarbereich, das Lehrlingsausbildungssystem, den hohen Stellenwert der innerbetrieblichen Ausbildung, die gute Lebensqualität und die hohe Zahl an ausländischen Studenten hervor.

Umstrittene Studie

Die Rangliste basiert laut IMD World Competitveness Center, das zur IMD Business School gehört, auf Daten zur Wettbewerbsfähigkeit von Ländern, die über 20 Jahre gesammelt wurden. Die Faktenanalyse wird erweitert durch eine Umfrage unter mehr als 4.000 Führungskräften aus den 61 Teilnehmerländern.

Das sorgt regelmäßig für Kritik: Die Arbeiterkammer kritisiert die IMD-Studie als "unwissenschaftlich und wertlos" - die Befindlichkeit der Manager gebe keine Aufschlüsse darüber, wie ein Land sich wirklich präsentiert und erlaube schon gar keine Vergleiche untereinander.

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