Flaute in der Modebranche: "Gespart wird beim Einkauf"
Die Einkaufsstraßen und Shoppingcenter sind gut besucht, die Dichte an Einkaufssackerln aber überschaubar.
Mit der Kaufkraft sinkt die Shoppinglaune. „Im Februar weisen die vorläufigen Daten der Statistik Austria für den Handel – mit Ausnahme vom Lebensmittelhandel – ein reales Minus von 4,3 Prozent gegenüber dem Februar 2022 aus“, sagt Handelsobmann Rainer Trefelik und fügt hinzu: „Das ist ein Warnsignal.“ Selbst im Lebensmitteleinzelhandel würden die Umsätze real 1,7 Prozent unter dem Wert des Vorjahresmonats liegen.
Parallel zur sinkenden Konsumlaune steigen die Kosten der Händler, unter dem Strich bleibt immer weniger in der Kassa. „Ende April laufen die Corona-Maßnahmen aus, viele warten nach wie vor auf die Fixkostenzuschüsse.“ Trefelik spricht von 11.000 offenen Verfahren mit der Coronahilfen-Abwicklungsstelle Cofag. „Alles in allem haben wir einen toxischen Mix. Den Betrieben geht die Liquidität aus.“
Insolvenzwelle
Das sieht man auch an einer Reihe von Insolvenzen im Modehandel. Erst vorige Woche beantragte der Schuhhändler Reno mit seinen 28 Filialen ein Konkursverfahren, Branchenkollegen wie Salamander oder Görtz streichen das Filialnetz zusammen.
Das deutsche Handelsblatt berichtet Anfang dieser Woche von einer Pleitewelle in der deutschen Modelandschaft. Allein im ersten Quartal hätten 27 Textil- und Schuhhändler ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt gegeben, „mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum“.
Darunter große Namen wie Peek&Cloppenburg, Reno oder der Warenhauskonzern Galeria. Parallel dazu sind viele Mode-Labels auf dem Rückzug, unter anderem schließt der irische Billigmodenhändler Primark in Deutschland drei Standorte.
Das Geld sitzt nicht mehr so locker wie früher, bestätigt auch eine Studie der Johannes Kepler Universität Linz. 30 Prozent der Österreicher gaben dabei an, dass sie aktuell weniger einkaufen, daran ändert auch die wieder sinkende Inflation nichts. „Das Konsumklima liegt nach wie vor tief im negativen Bereich und verbessert sich nur sehr, sehr langsam“, so die Studienautoren.
Auch in Österreich schrumpft die Verkaufsfläche der Textilhändler. „In den 20 größten Innenstädten und den 244 Shopping Centern in Österreich stehen dem Kunden 130.000 Quadratmeter weniger Mode- und Schuhhandelsverkaufsfläche zur Verfügung als noch 2016“, analysiert Roman Schwarzenecker vom Standortberater Standort+Markt. Und rechnet vor: „Seit 2016 gingen damit Bekleidungsflächen in Österreich verloren, die in etwa der Verkaufsfläche der Shopping City Süd – ohne Freiflächen – entsprechen.“
Die Gründe sind laut Stephan Mayer-Heinisch, Präsident des Handelsverbands „multikausal“. Allen voran habe sich das Konsumverhalten geändert, „ob aus Sparzwängen oder weil viele Konsumenten nachhaltiger leben wollen – es wird weniger gekauft“, sagt Mayer-Heinisch.
„Und wenn statt fünf nur noch durchschnittlich 2,5 Paar Schuhe im Jahr gekauft werden, ist das halt ein Minus von 50 Prozent.“
Neue Moden
Die Zeiten, in denen sich ein großer Trend am Modehimmel abgezeichnet hat, der neue Bedürfnisse schaffte, seien vorbei. Vielmehr sieht er eine Zersplitterung der Mode- und Konsumtrends.
Status quo
Der Modehandel setzt heute real weniger um als noch im Jahr 2015, berichtet der Handelsverband. Insgesamt sind die Handelsumsätze seit 2019 inflationsbereinigt um 3,6 Prozent zurückgegangen
Modekarussell
Die Kombination aus weniger Umsatz, höheren Kosten und zu wenig Personal führen bereits zu verkürzten Öffnungszeiten
319,3 Milliarden Euro (netto)
beträgt der gesamte Handelsumsatz laut KMU Forschung Austria
Mayer-Heinisch: „Jene, die sich vor ein paar Jahren stolz um 40 Euro von Kopf bis Fuß beim Fast-Fashion-Anbieter eingedeckt haben, gehen heute zum Secondhand-Shop und wollen mit der Wegwerfmode nichts mehr zu tun haben.“ Das würde sich auch am Markt widerspiegeln.
Wenig hilfreich fürs Geschäft ist auch das kalt-nasse Wetter der vergangenen Wochen gewesen, das den Verkauf der Frühlingsmode ausgebremst hat. Trefelik: „Dieses Jahr wird eine Challenge. Viele haben weniger Geld zur Verfügung, wollen nach den Pandemiejahren nicht auf Urlaub, Event- und Gastrobesuche verzichten. Gespart wird letztlich beim Einkauf.“
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