Flugtaxi-Bauer können in Österreich bereits Probeflüge beantragen
Das Rennen um die Serienreife sogenannter Flugtaxis gewinnt ordentlich an Tempo. Am Donnerstag werden der chinesische Luftfahrtzulieferer FACC mit Sitz in Ried/Innkreis und der chinesische Drohnenbauer EHang das autonom fliegende Kleinst-Flugzeug EHang 216 präsentieren. Es wird von 16 E-Rotoren auf acht Armen angetrieben, zwei Passagiere haben darin Platz.
Davor gab es schon ein einfacheres Vorläufermodell, das Modell EHang 184, das nur vier Arme hatte und einen Passagier aufnahm.
Flugtaxis sind also keine Zukunftsmusik mehr. Weltweit basteln rund 80 Unternehmen an solchen Passagierdrohnen. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) bezeichnet diese Flugtaxis als senkrecht startende und landende Klein-Fluggeräte (VTOLs). Sie hat bereits im Herbst 2018 mögliche Rahmenbedingungen für die technische Zertifizierung dieser Fluggeräte entworfen. Das Konsortium FACC/EHang will bereits 2020 eine Serienproduktion in Angriff nehmen.
Die mächtige Konkurrenz
Doch die Konkurrenz ist groß. Die Luftfahrtriesen Boeing und Airbus tüfteln an Flugtaxis, ebenso der Triebwerksbauer Rolls Royce und Siemens mischt beim Projekt City-Airbus mit; und die US-Firmen Terrafugia Transition und das Start-up Kitty Hawk (des Google-Gründer Larry Page) wollen im „städtischen Luftverkehr“ abheben.
Das deutsche Unternehmen Lilium absolvierte den Jungfernflug seines „Lilium Jets“ (36 Rotoren) erfolgreich im Frühjahr 2017 und ist gerade dabei, eine europäische Zertifizierung zu erlangen. Lilium bastelt eigentlich an einem Flugtaxi, das von London nach Paris in einer Stunde jettet.
Oder anders gesagt: Das Fluggerät von Lilium soll 300 km/h schnell fliegen und 300 Kilometer Reichweite haben. Noch heuer soll der erste serienreife Lilium Jet abheben, in sechs Jahren sollen diese Kleinstjets diverse Großstädten befliegen.
Auch der Ingolstädter Autobauer Audi, dessen Tochter Italdesign und Airbus arbeiten gemeinsam an einem neuartigen Flugtaxi-Konzept. "Flugtaxis werden kommen. Davon sind wir bei Audi überzeugt", sagte Bernd Martens, Audi-Vorstand und Präsident von Italdesign anlässlich eine Drohnenmesse im vergangenen Herbst.
Urbaner Flugverkehr
Urbaner Flugverkehr
Doch der Pionier ist die Volocopter GmbH mit Sitz in Bruchsal, Baden-Württemberg, sie absolvierte 2011 den weltweit ersten Flug eines E-Lufttaxis. Doch diese Volocopter, früher eVolos genannt, sind einerseits bemannt, sprich ein Pilot und ein Passagier haben darin Platz; anderseits fliegen sie auch unbemannt. Damit Volocopter überhaupt abheben konnte, hat die deutsche Luftfahrtbehörde in der Klasse Ultraleicht eine neue Unterkategorie für Fluggeräte eingeführt.
„Es wurde für uns eine Klasse für Multikopter geschaffen, diese hat noch keinen Namen, da es sich um ein Erprobungsprogramm handelt“, sagt Volocopter-Sprecherin Helene Treeck. „Mit dieser vorläufigen Verkehrszulassung können wir uneingeschränkt am Luftverkehr in Deutschland teilnehmen. Wir streben aktuell eine Zulassung als VTOL bei der EASA an, für den kommerziellen Betrieb.“
Außerdem hat Volocopter mit dem deutschen Flughafenbetreiber Fraport AG ein Projekt gestartet, um Konzepte für die Bodeninfrastruktur und den Betrieb von Flugtaxis auf Flughäfen zu entwickeln. „Da geht es darum, wie diese Fluggeräte in den Luftverkehr integriert werden“, sagt Treeck. In Dubai hat Volocopter bereits integrierte autonome Testflüge absolviert, in Singapur werden solche Flüge im zweiten Halbjahr 2019 durchgeführt.
Neben der technischen Zertifizierung der Flugtaxis müssen die Luftfahrtsicherungsbehörden viele andere Parameter für diese Lufttaxis festlegen – zum Beispiel in welche Höhe diese fliegen dürfen. „Wir gehen von einer Flughöhe um die 100 Meter aus, es kommt auch auf die Stadt an, wie hoch man fliegt“, sagt die Volocopter-Sprecherin.
Derzeit gilt für Luftfahrzeuge hierzulande eine Mindestflughöhe von 150 Metern bzw. für Drohnen mit Sichtverbindung eine maximale Flughöhe von 150 Metern.
„Für die Lufträume, die Lufttaxis zugewiesen werden könnten, existiert noch kein Regelwerk. Das muss erst definiert werden“, sagt Markus Pohanka von der Luftfahrtaufsicht Austro Control. „Derzeit gibt es in Österreich nur die Möglichkeit, dass Erprobungsbewilligungen ausgestellt werden, wenn alle Auflagen erfüllt werden.“
Unbemannte Fluggeräte ohne Sichtkontakt werden rechtlich wie bemannte Zivilluftfahrzeuge behandelt. Jede Schraube, jeder Bauteil muss von der EASA zertifiziert werden. Die Austro Control erwartet entsprechende EASA-Regelungen bis Jahresende.
Experte skeptisch
„Dieser neue Luftfahrzeugtyp wirft eine Lärmproblematik auf, nämlich den aerodynamischen Lärm der Rotorblätter“, sagt der Luftfahrt-Sachverständige Hellfried Aubauer. „Es muss auch geklärt werden, dass keine Personen von solchen Luftfahrzeugen gefährdet werden. Außerdem, wo starten und wo landen sie. Aus meiner Sicht ist derzeit noch kein tragbares Konzept verfügbar.“
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