Vision 2064: Menschenrechte für Roboter

Wie sieht das Leben in 50 Jahren aus? Starautor Martin Walker stößt auf verstörende Fragen.

Während des Irak-Kriegs hatte Martin Walker ein Schlüsselerlebnis: Als Journalist begleitete er US-Soldaten, die intensiv mit Minenräum-Robotern arbeiteten. Als eines dieser Geräte explodierte, wurde es mit geradezu militärischen Ehren bestattet: "Ein Kamerad ist gefallen."

Vision 2064: Menschenrechte für Roboter
Für den Schotten ist das bezeichnend: "Wir Menschen neigen dazu, Objekten Namen zu geben und Beziehungen aufzubauen. Wir werden diese auch mit Robotern haben." Dafür könnten aber die mechanischen Begleiter mit uns ein schweres Leben haben: "Ein Roboter ist rational, wir nicht. Ein Roboter lügt nicht, wir ständig."

Die Erforschung der Künstlichen Intelligenz mache momentan rasende Fortschritte, sagte Walker bei einem Gespräch mit Journalisten in Wien. Irgendwann werde somit der Punkt erreicht sein, an dem man Roboter nicht länger als Sklaven behandeln könne: "Wir müssen diskutieren, welche Rechte wir Robotern einräumen", prophezeit der Autor. Absurd? "Wir haben immerhin auch Tieren Rechte eingeräumt."

"Eine Provokation"

Sein jüngster Science-Fiction-Krimi (" Deutschland 2064. Die Welt unserer Kinder") sei gleichermaßen Roman wie Provokation, sagt Walker. Er hat darin intensiv über das Zusammenleben Mensch-Maschine nachgedacht. Die Inspiration für das Buch lieferte eine Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney, die versuchte, 50 Jahre in die Zukunft zu blicken.

Walker stößt dabei auf verstörende Fragen: Darf ein Roboter die Arbeit für seinen menschlichen Chef verweigern? Wer entscheidet, welche Erinnerungen wir Robo-Gehirnen einpflanzen? "Wir spielen hier wirklich Gott."

Es sei zwar logisch, wenn Maschinen für Menschen die gefährliche Aufgabe übernehmen, den Weltraum zu erforschen und zu kolonialisieren. Aber: "Wir werden Verträge mit ihnen abschließen müssen."

Robo-Hirne füttern

Reine Zukunftsmusik? Keineswegs, glaubt Walker: Die Universität Eindhoven habe eine Sprache (ROILA) für die einfachere Kommunikation zwischen Mensch und Roboter entwickelt. An der Cornell-Universität (USA) werde ein "Robo Brain" mit Milliarden Bildern, Videos und Bedienungsanleitungen gefüttert, damit es das Wissen an andere Computer weitergibt. Und Henry Markram (Blue Brain Project) wolle in Lausanne bis 2025 die Computer-Simulation des menschlichen Gehirns vollenden.

Was bedeutet das für die Gesellschaft? Der Autor zeichnet eine tief gespaltene Welt: Hightech-Städten stehen selbstverwaltete Kommunen gegenüber. Deren Bewohner verweigern sich der Überwachung – diese "Freien Gebiete" sind gleichermaßen Idyll wie Nährboden für Kriminalität. Arbeit für Menschen gibt es noch: in der Bildung, Pflege, Unterhaltung oder einer hochqualitativen Landwirtschaft.

Traditionelle Parteien für Arbeiter und Kapital seien hingegen längst obsolet: "Das stammt noch aus der Welt von Karl Marx", sagt Walker. Eine gefährliche Grenze sieht der Autor freilich schon überschritten: "Wir setzen Drohnen ein, um Menschen zu töten." Dennoch blickt er positiv in die Zukunft; umso optimistischer, je weiter sie weg ist: "Der Mensch passt sich immer an. Setz ihn in die Arktis oder den Regenwald, egal. Er kommt zurecht."

Zur Person

Der Vater von Bruno

Vision 2064: Menschenrechte für Roboter
Krimi-Bestsellerautor Martin Walker,1947 in Schottland geboren, lebt im französischen Périgord, wo auch seine Hauptfigur Bruno ermittelt. Die Romane über den "Chef de police" werden in 15 Sprachen übersetzt. Walker ist studierter Historiker und war 25 Jahre als Journalist für den britischenGuardiantätig. Er ist Mitglied einerDenkfabrikder Unternehmensberatung A.T. Kearney in Washington. „Deutschland 2064“ erschien im September im Diogenes-Verlag.

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