Video: Mit dem fahrerlosen Taxi durch San Francisco
Eines gleich vorweg: Es kommt kein schwarzer Pontiac mit rotem Lichtsensor und Super-Pursuit-Funktion um die Ecke gebogen. Aber zumindest ein vollelektrischer Jaguar I-Pace oder Chevy Bolt.
Die selbstfahrenden Autos sind in den Straßen San Franciscos von Weitem gut sichtbar – an den Kameras und Sensoren, die sie auf ihren Autodächern montiert haben. Alles wird vermessen, aufgezeichnet, analysiert, optimiert.
Ein Praxistest im Taxi ohne Taxifahrer zeigt jedoch, dass die Kommunikation noch nicht immer so reibungslos funktioniert, wie einst beim Serienhelden Michael Knight und K.I.T.T. Und dass man sich bei der Fahrt trotzdem erstaunlich sicher fühlt.
Die Konkurrenten
In San Francisco gibt es bereits zwei Taxiflotten, die mit selbstfahrenden Autos unterwegs sind. Waymo – ein Anbieter, der ins Reich des Google-Konzerns Alphabet gehört – ist mit vollelektrischen Autos der Marke Jaguar I-Pace unterwegs. Mitbewerber Cruise gehört zu General Motors und ist mit selbstfahrenden Chevy Bolts auf der Straße. Die GM-Tochter wurde 2013 gegründet, um Technologien für autonomes Fahren zu entwickeln
Fahrpreis
Die Fahrt mit einem der über 100 Cruise-Wägen in San Francisco kostet übrigens auch etwa so viel wie eine Uber-Fahrt – nur das Trinkgeld für den Fahrer kann man sich sparen
Schnell mal ein Taxi an der Kreuzung runterwinken gibt es nicht. Wer mit Waymo oder Cruise fahren will, muss für die App des entsprechenden Anbieters freigeschaltet sein. Wer glaubt, das spontan machen zu können, irrt. Es gibt Wartelisten. "Aktuell haben rund 15.000 Menschen in der Stadt Zugang zur App, darunter viele Nachtarbeiter und Studenten", sagt Mario Herger, Innovationsexperte im Silicon Valley.
Im Grunde funktioniert die Cruise-App wie Uber (die Fahrt mit einem der über 100 Cruise-Wägen in San Francisco kostet übrigens auch etwa so viel wie eine Uber-Fahrt – nur das Trinkgeld für den Fahrer kann man sich sparen). Man bestellt also das Taxi via Smartphone, verfolgt am Display, wie es anrollt, entsperrt die Tür via App, steigt ein.
Theoretisch.
Praktisch steht man relativ schnell relativ bedröppelt am Straßenrand. Weil das Auto langsam aber bestimmt an einem vorbeirollt. Ein Anfängerfehler – verursacht vom Menschen, die statt am Gehsteig am freien Parkplatz, also Straßenrand, stehen. Und dem Auto damit signalisieren, dass der Parkplatz nicht frei ist, weshalb das Robotertaxi beschließt, bei nächster Gelegenheit zu halten. Der Cruise-Neuling bekommt so die Gelegenheit, sich noch ein bisschen zu bewegen. Im Laufschritt hinter dem Auto her.
Nächster freier Parkplatz, nächste Chance. Einsteigen. Ausschließlich auf den Plätzen hinten, weshalb auch nur maximal drei Personen mitfahren können. Los geht's erst, wenn alle angeschnallt sind – da hat das Robotertaxi seine Prinzipien.
Fahrt mit selbstfahrendem Auto
Der Fahrstil ist ruhig, immer zu hundert Prozent regelkonform. Man fühlt sich von der ersten Sekunde an sicher, erwägt erst gar nicht, den Stopp-Knopf zu drücken, der für den Fall der Fälle da ist. Wer sich spontan überlegt, das Ziel zu ändern, kann dies jederzeit via App tun.
Führerschein unnötig
Mario Herger, Innovationsexperte im Silicon Valley, geht davon aus, dass so die Zukunft des Autofahrens aussieht. Er hat dem Thema sogar ein Buch mit dem programmatischen Titel "Der letzte Führerschein-Neuling bereits geboren ist", geschrieben. Noch ist es aber nicht so weit, dass selbstfahrende Autos massentauglich sind. Selbst in den USA sind sie aktuell nur in drei Städten – in San Francisco, Phoenix, Austin – im Einsatz.
Die Skepsis in breiten Teilen der Bevölkerung ist nicht wegzudiskutieren. "Sie wird sich aber schneller legen, als man denkt", glaubt Herger. Nämlich dann, wenn sich zeigt, dass autonomes Fahren die sicherere Variante ist. "Zuerst wird der Einsatz der Autos in wenigen Bezirken getestet, sieht man, dass es dort weniger Unfälle gibt, als in anderen Gegenden, kommt ein Bezirk nach dem anderen dazu. Die Entwicklung nimmt schnell Fahrt auf."
Fahrerlose Fahrten nur in der Nacht
Aktuell dürfen die Robotertaxis übrigens auch in San Francisco nur zwischen 22 und 5.30 Uhr Menschen durch die Stadt kutschieren und das auch nur in etwa dem halben Stadtgebiet – und wenn es nicht regnet (was in dieser Gegend ohnehin selten vorkommt). Laut Herger sind 99 Prozent der Kollisionen mit selbstfahrenden Autos von Menschen verursacht, Auffahrunfälle etwa. "Kein Wunder", sagt ein genervter Autofahrer aus San Francisco. "Diese Autos verhalten sich anders, bremsen in Situationen, in denen kein Mensch bremsen würde. Ich fahre wirklich ungern hinter so einem Wagen her."
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