Ziemlich gut veranlagt: Wie die US-Wahlen Börsen beeinflussen
Die Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten im kommenden November wirft ihre Schatten voraus. Nicht nur politisch. Sondern auch an den Aktienmärkten. Denn generell können diese, wie mehrere Analysen anhand des breiten S&P-500-Index zeigen, in den Wahljahren stattliche Zugewinne aufweisen.
Seit 1928 fanden insgesamt 24 US-Präsidentschaftswahlen statt. In diesen Wahljahren lieferten 20 der 24 Jahre eine positive Performance. Wurde ein demokratischer Präsident neu gewählt, lag die Gesamtrendite bei durchschnittlich 15 Prozent. Konnte ein Demokrat sein Amt verteidigen, so waren es „nur“ 11 Prozent. Wurde ein demokratischer Präsident abgewählt, betrug die Rendite für das Jahr 12,9 Prozent.
Nur vier Wahljahre waren, wie erwähnt, negativ (siehe Grafik). Dies hatte aber kaum etwas mit der Wahl zu tun, sondern hatte einen konkreten Anlass zum Hintergrund. 1932 war es die Weltwirtschaftskrise, 1940 der Zweite Weltkrieg, im Jahr 2000 das Platzen der Dot.Com-Blase und 2008 die Immobilien- und Finanzkrise.
Vorhersehbares Muster
„Die Kurse an den Börsen werden durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst, welche über Wahlzyklen hinausgehen“, bestätigt Akhil Dhawan, Fondsmanager bei der Schoellerbank. Er verweist auf eine Theorie von Stock-Trader's-Almanac-Gründer Yale Hirsch aus den 1960er-Jahren.
Demnach folgen Aktienmarktrenditen bei jeder US-Präsidentschaftswahl einem vorhersehbaren Muster. Theoretisch entwickeln sich die US-Aktienmärkte im ersten Jahr einer Amtszeit am schwächsten, erholen sich dann und erreichen im dritten Jahr ihren Höhepunkt, bevor sie sich im vierten und letzten Jahr etwas weniger positiv präsentieren. Danach beginnt der Zyklus erneut mit der nächsten Präsidentschaftswahl.
In den ersten zwei Jahren nach einer Wahl kommt es demnach häufiger zu wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die die Aktienkurse unter Druck setzen. Üblicherweise verbessern sich die Kurse in der zweiten Hälfte der Amtszeit, da die Präsidenten versuchen, die Wirtschaft anzukurbeln. „Eine durch die amerikanische Notenbank Fed unterstützende Geldpolitik ist in diesem Zusammenhang von Vorteil. 2024 werden allgemein Zinssenkungen erwartet“, sagt Dhawan.
Das etwas schwächere vierte Jahr sei auf die Zeit der Vorwahlen zurückzuführen, die Unsicherheit bringe. „Im Durchschnitt erreicht der Aktienmarkt im Mai von Wahljahren seinen Tiefpunkt“, sagt Harald Holzer, Chief Investment Officer der Kathrein Privatbank. „Oft setzt eine Erholung ein, sobald die Wahlunsicherheit nachlässt. In Anbetracht des wahrscheinlich knappen Kampfs zwischen Joe Biden und Donald Trump könnte diese Unsicherheit den Markt auch im weiteren Jahresverlauf beschäftigen.“
Harte Landung
Eine harte Landung der Wirtschaft würde wahrscheinlich Bidens Bemühungen, im Amt zu bleiben, sowie die Chancen des Aktienmarktes, in einem Bullenmarkt zu bleiben, beeinträchtigen, so Holzers Einschätzung. Derzeit zeichnet sich dieses Szenario aber nicht ab.
Was bedeutet ein Sieg Joe Bidens oder Donald Trump für Anleger?
Sollte der amtierende Demokrat Biden im Amt bleiben, spricht einiges für zaghafte Märkte. „Während der S&P 500 unter Biden zwar positive Renditen verzeichnete, könnten einige Anleger angesichts möglicher politischer Änderungen bei Sektoren wie Gesundheitswesen, Energie und Technologie, vorsichtig sein“, sagt Shanna Strauss-Frank, Börsenexpertin beim Onlinebroker Freedom Finance Europe.
„Höhere Steuern für Unternehmen und Spitzenverdiener würden die Begeisterung der Märkte ebenfalls dämpfen.“ Bidens Betonung von Multilateralismus und Handelsabkommen könnte allerdings für internationale Investoren beruhigend wirken. Trumps Politik sei hingegen oft unvorhersehbar, der Markt schwanke je nach seinen Tweets und Aktionen. „Seine geplanten Steuersenkungen und Deregulierung könnten zunächst bestimmte Sektoren begünstigen, aber Sorgen wegen Handelskriegen und sein Einfluss auf die Fed könnten für Unsicherheit sorgen“, so Strauss-Frank.
Einige Branchen, wie etwa Technologie und das Gesundheitswesen, würden unter beiden Regierungen Zuspruch finden. Während Unternehmen für erneuerbare Energien und saubere Technologien eindeutig von einem Sieg Bidens profitieren. „Höhere staatliche Ausgaben für das Bildungswesen und Bidens Fokus auf den Schutz vor Cyberbedrohungen, sollten Anleger ebenfalls im Blick behalten“, so Strauss-Frank. Zudem würden Bauunternehmen, Ingenieurbüros und Materialhersteller von Bidens Infrastrukturplänen profitieren.
Eine Rückkehr zur Trump-Ära würden Öl- und Gaskonzerne feiern und sich möglicherweise über laxere Vorschriften und ein Wiederaufleben traditioneller Energiequellen freuen. Gleichzeitig wäre unter Trump eine erneute Konzentration auf die nationale Sicherheit wahrscheinlich, was Rüstungskonzerne, Luft- und Raumfahrtunternehmen dank höherer Militärausgaben begünstigt. Seine „America First“ Politik, die die amerikanische Produktion ankurbeln und die Abhängigkeit von Importen verringern soll, könnte einheimische Unternehmen in den verschiedenen Branchen stärken.
Disclaimer: Die Besprechung von Wertpapieren und Börsestrategien stellt keine Kaufempfehlung dar.
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