Der Bericht beleuchtet die Tage zuvor. Am 10. März lag die Berechnung des Rolling Forecasts (rollierende Prognose) in der Borealis intern vor. Die Schätzung des Net-Profits für 2020 wich maßgeblich von den Annahmen ab, statt 720 waren es nur 610 Millionen Euro. Begründet wurde dies mit der Covid-Pandemie und dem sinkenden Ölpreis.
Borealis informierte am selben Tag den im OMV-Vorstand zuständigen Gangl, „und berichtet von der Planrechnung und dem schlechteren Ergebnisausblick, der auch das ’Europageschäft’ von Borealis betraf“.Es folgten mehrere Telefonate mit Gangl. Er soll laut Bericht Borealis ersucht haben, den Rolling Forecast „erst eine Woche später als sonst üblich zu senden. Borealis lehnt dies auch nach Rücksprache mit der Borealis-Rechtsabteilung grundsätzlich ab“. Dies könne nur bei einer schriftlichen Anweisung der OMV überlegt werden. Eine Weisung schien Gangl offenbar doch zu heikel.
Spätestens ab 10. März sei Gangl daher bekannt gewesen, heißt es im Bericht, dass sich auch das „Europageschäft“ der Borealis schlechter entwickle als im Budget ursprünglich angenommen und der Rolling Forecast korrigiert werden müsse. Gangl hätte laut Bericht die Aufsichtsräte darüber informieren müssen. Auch eine „problemlos möglich gewesene, mündliche Information unterblieb“. Dies sei entgegen der Verpflichtung des Vorstands erfolgt, „sämtliche für eine fundierte Entscheidung notwendigen Unterlagen und Informationen dem Aufsichtsrat vor Beschlussfassung vorzulegen“.
Die OMV argumentierte schon bisher, eine schlechtere Prognose habe keinen Einfluss auf den Kaufpreis. Aber eine Nicht- bzw. Falschinformation des Aufsichtsrates? Immerhin ist die Conclusio des Berichts eindeutig formuliert, siehe Faksimile.
Garrett erklärt dazu gegenüber dem KURIER, die Borealis-Transaktion sei korrekt abgewickelt worden. „Dem Aufsichtsrat wurde keine für die Transaktion und insbesondere die Unternehmensbewertung relevante Information vorenthalten.“ Garrett spricht plötzlich von einer „Voruntersuchung“. Diese habe ergeben, „dass es keine Verstöße gegen Rechtsvorschriften oder Compliance-Regeln gegeben hat. Der Fall ist damit abgeschlossen“.
Insider vermuten, Hintergrund könnten die erbitterten Machtkämpfe sein, die bei Seele und Garrett beginnen und sich durch den Konzern ziehen. Denn eigentlich hätte Garrett nach Vorliegen des Berichts handeln müssen.
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