Wenn die Zinsen steigen, sieht man das beim Kredit sehr schnell, beim Sparbuch erst spät. Umgekehrt: Wenn die Zinsen sinken, sieht man es beim Sparbuch sehr schnell, beim Kredit sehr langsam. Was entgegnen sie der Kritik?
Dass sie falsch ist. Variable Kredite sind in aller Regel an Indikatoren gebunden wie den 3-Monats-Euribor. Die Raten steigen oder sinken, das ist eigentlich eine klare Automatik aus dem Kreditvertrag. Beim Sparen war Österreich eines der Länder, die die gestiegenen Einlagenzinsen am schnellsten weitergegeben haben, was wahrscheinlich auch am Wettbewerb liegt. Leider vermischen viele in der Diskussion Spareinlagen mit täglich fällig oder Geld auf dem Gehaltskonto. Das sind beides keine Sparformen.
Glauben Sie, ist die Inflation jetzt endgültig besiegt?
Die Teuerung ist stark zurückgegangen, weil die Auswirkungen der zu hohen Energiepreise jetzt zurückgegangen sind. Das Wort „besiegt“ ist mir zu martialisch, aber ich glaube, wir haben die Inflation ganz gut im Griff. Jetzt muss der Fokus der Politik, wie auch der Zentralbank, auf Wachstum liegen.
Österreich steckt heuer das zweite Jahr in einer Rezession. Am Sonntag wurde gewählt, die Regierungsbildung dürfte aber schwierig werden. Wie sehr muss man sich um Standort, Wohlstand, die Zukunft Österreichs sorgen?
Wir müssen die richtigen Weichenstellungen vornehmen, es geht um Wachstumsimpulse. Und wir müssen die enorme Unsicherheit bei den Menschen und Unternehmen, die bei der Konsum- und Investitionsschwäche sichtbar wird, wegbekommen.
Was wäre Ihr Ansatz, um Österreich nach vorne zu bringen?
Neben den konkreten Maßnahmen, wie einer Anhebung der Investitionsprämie von zehn auf 15 Prozent, schnelleren Genehmigungsverfahren, der Entbürokratisierung und vielem mehr geht es auch um Stimmung, Mut und Zuversicht. Für Unternehmen bedeutet das zum Beispiel ganz konkret, sie brauchen Planungssicherheit, wie es mit der grünen Transformation weitergeht. Gleichzeitig, das sage ich als glühender Europäer, müssen wir größer denken. Also, den Binnenmarkt ausbauen, die Kapitalmarktunion stärken und wir brauchen größere europäische Unternehmen, um auf der Weltbühne wettbewerbsfähig zu sein.
Sie sind jetzt seit Anfang Mai Country Manager der UniCredit für Österreich. Herr Ivan Vlaho wurde neuer CEO der UniCredit Bank Austria. Was war der Hintergrund für diesen Schritt und wie funktioniert die Doppelspitze? Das ist ja durchaus ein Novum für Österreich ...
Aus meiner Sicht funktioniert sie sehr gut, weil wir jetzt ein noch stärkeres Führungsteam sind. Wir wollen auf diese Weise unsere Position im nationalen wie internationalen Markt stärken. Wir haben als Bank Austria eine ganz starke lokale Verankerung, aber auch die Größe und Innovationskraft einer der größten europäischen Banken im Rücken. Das macht unsere Stärke aus, dazu passt das neue Führungsteam. Im internationalen Bankenmarkt ist das nicht ungewöhnlich.
Konzernmutter UniCredit strebt eine Übernahme der deutschen Commerzbank an. Zusammen wäre man die zweitgrößte Bank Europas hinter der britischen HSBC. Ist Größenwachstum die Fantasie dahinter?
Alles, was man dazu sagen kann, ist derzeit in den Medien sehr gut abgedeckt. Nur ein Satz: Europa braucht starke Banken.
Banken haben ein schlechtes Image aufgebaut, wahrscheinlich noch aus der Finanzkrise stammend. Gibt es ein gutes Jahr wie 2023, ertönt sofort der Ruf nach einer Übergewinnsteuer. Was kontern Sie?
Die Imagefrage hängt bestimmt mit einer fehlenden Kultur im Bereich der Finanzbildung zusammen. Starke Banken sind wichtig für eine funktionierende und florierende Wirtschaft. In Österreich gibt es in aller Regel Hausbanken, die für Menschen und Unternehmen tagtäglich Millionen Transaktionen durchführen und Kredite bereitstellen. Und was ein Übergewinn sein soll, kann mir sowieso niemand schlüssig erklären. Gerade in der jetzigen sehr schwierigen wirtschaftlichen Phase wäre eine Schwächung der Banken von grobem Nachteil.
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