"Umweltstiftung" soll Arbeitslose für Öko-Jobs ausbilden
Die Sozialpartner wollen die durch die Pandemie stark angestiegene Arbeitslosigkeit so rasch wie möglich abbauen, den Fachkräftemangel besser bekämpfen und zugleich den Transformationsprozess der Wirtschaft in Richtung Ökologisierung und Digitalisierung beschleunigen. Bei einem Arbeitsmarktgipfel auf Einladung der Wirtschaftskammer einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auf erste Pilotprojekte - und äußerten ihre jeweiligen Schwerpunkte.
Hintergrund für die Überlegungen sind Aussagen von AMS-Vorstand Johannes Kopf, dass es in einigen Branchen wohl noch Jahre dauern werde, bis die Konjunktur anziehe und daher nicht alle in diesen Branchen betroffenen Arbeitsplätze erhalten werden können. Zugleich seien beim AMS rund 100.000 offene Stellen gemeldet.
Arbeitsstiftungen
Arbeiterkammer und Gewerkschaft wollen daher mehr Umschulungen im Rahmen von Arbeitsstiftungen ermöglichen. Arbeitsstiftungen sind Einrichtungen, in denen Arbeitslose über eine längeren Zeitrahmen bleiben können, um einen neuen Beruf zu erlernen. In dieser Zeit erhalten sie ein erhöhtes Arbeitslosengeld.
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian verweist auf die bereits bestehende Aufleb-Stiftung der Sozialpartner, die als Umweltstiftung wieder aufleben soll. 1.000 Arbeitnehmer sollen hier zu Fachkräften im Bereich Umweltschutz, etwa zu Solaranlagenbauer umqualifiziert werden. "Es geht hier nicht um irgendwelche Kurse, sondern um längerfristige Ausbildungen", so Katzian.
Bei der so genannten Implacementstiftung wisse der Arbeitslose schon bei Eintritt, wo er später arbeiten wird. Für Arbeitnehmer müssten nach der Pandemie folgende 3G gelten: "Geschätzt, gefördert und gut bezahlt", so der Gewerkschafter. Ein klares Nein gibt es vom ÖGB für strengere Zumutbarkeitsbestimmungen.
WKO für Pilotprojekte
Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer unterstützt die Umschulungen im Rahmen von Arbeitsstiftungen. Wichtig sei aber nicht, wie diese heißen, sondern wie der Inhalt sei. Mahrer verwies auf weitere, bereits akkordierte Pilotprojekte wie ticket2west bei der Arbeitslosenvermittlung und die Aktion Sprungbrett für die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen.
"Wir wollen zügig Arbeitslosigkeit senken, die Kaufkraft stärken und den Arbeitskräftebedarf sichern", so Mahrer nach dem Gipfelgespräch. Auf der einen Seite gebe es 100.000 offene Stellen, auf der anderen Seite würden einzelne Branchen, etwa die Stadthotellerie oder der Kongress- bzw. Eventtourismus, nicht mehr vollständig in die Gänge kommen. Für den Transformationsprozess in Richtung Ökologisierung und Digitalisierung brauche es Arbeitskräfte. Mahrer verwies auf das Ziel, eine Million Fotovoltaik-Anlagen zu installieren. "Dafür braucht es die nötigen Arbeitskräfte."
Mehr betriebliche Ausbildung
Auch Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl spricht sich für mehr und gezieltere Qualifizierung aus. Der so genannte Mismatch am Arbeitsmarkt habe aber auch mit dem Rückzug vieler Firmen von der Lehrlingsausbildung zu tun, gab sie zu Bedenken. Von 2010 bis 2019 ging die Zahl der Lehrbetriebe um 10.000 zurück, besonders stark in Wien. Die Eingliederungsbeihilfe im Rahmen der Aktion "Sprungbrett" sei nur dann erfolgreich, wenn die Betriebe die Langzeitarbeitslosen auch tatsächlich einstellen.
Eigene Fachkräfteagentur
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer drängt im Kampf gegen den Fachkräftemangel auf eine bessere Vermittlung. Die IV regt diesbezüglich eine eigene Fachkräfteagentur für die Industrie an. Diese soll das AMS beim Matching unterstützen. Um mehr Fachkräfte aus Drittstaaten anzuwerben, soll auch die Rotweißrot-Karte erneut reformiert werden.
Kurzarbeit neu
Kein Thema beim Sozialpartnergipfel war die Reform des Arbeitslosengeldes sowie die anstehende Neuregelung der Kurzarbeit ab Juli. Die finalen Verhandlungen zur Kurzarbeit finden morgen, Dienstag statt. Die bestehende, recht großzügige Covid-Regelung läuft bekanntlich Ende Juni aus. Im Gespräch sind eine höhere Mindestarbeitszeit und noch mehr Fokus auf Qualifizierung während der Kurzarbeit.
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