Touristiker: "Marke Österreich kann nicht einmal ein Politiker beschädigen"
Zugegeben, auch diesen Winter sind die Schweizer den Österreichern im Tourismus um die Ohren gefahren. „Sie hatten immer offen und man konnte dort nicht nur Ski fahren, sondern auch essen gehen“, sagt Andreas Reiter, Tourismusexperte des ZTB Zukunftsbüros.
Dass damit das Tourismusland Österreich mittel- und langfristig Schaden genommen hat, glaubt der Berater diverser Urlaubsregionen nicht.
„Die Marke Österreich ist gut, nicht einmal ein Politiker kann sie beschädigen.“
In der bisherigen Wintersaison (November bis Jänner) lief es dennoch bescheiden, belegen die Daten der Oesterreichischen Nationalbank, die Zahlungskarten-Umsätze auswertet. Demnach hinken die Gästenächtigungen 36 Prozent, die Ausgaben ausländischer Touristen 29 Prozent hinter dem Vorkrisenniveau hinterher.
Geld und Zeit vorhanden
Trotzdem sieht Lisa Weddig, Chefin der Österreich Werbung (ÖW), leichte Zeichen der Besserung: „Die Stornowelle flacht ab“, sagt sie. „Wenn es keine weiteren Einschränkungen gibt, werden wir ein gutes Ende der Wintersaison erzielen können.“
Ihren Optimismus untermauert sie mit einer aktuellen Umfrage am wichtigsten Herkunftsmarkt Österreichs: „Die Deutschen haben Geld, Zeit und Lust auf Urlaub“, so Weddig. 54 Prozent wollen demnach noch diesen Winter verreisen, 43 Prozent möglicherweise auch nach Österreich. Klingt gut. Offen nur, wie ernst zu nehmen solche Umfragen sind.
Tourismusberater Reiter bezeichnet sie als eine Art „Überlebensmantra“. Es gehöre nun mal zum touristischen Narrativ so zu tun, als würden alle am liebsten gleich morgen in aller Herrgottsfrühe nach Österreich wollen.
„An sich sind solche Umfragen in unsicheren Zeiten für den Hugo, aber alle Länder machen sie für die Binnen-Stimmung“, so der Experte. Dass es zumindest in der Ferienhotellerie nach oben geht, steht für ihn außer Frage. „Viele hatten vergangenen Sommer die beste Saison aller Zeiten, dass ist auch heuer wieder zu erwarten.“
Anders die Situation in den Städten, in denen noch über Jahre internationale Touristen fehlen werden. Die Österreich Werbung plant im Frühjahr eine Sommerkampagne in Kooperation mit den Bundesländern.
Nicht mit an Bord ist allerdings Wien. „Da ist keine böse Absicht dahinter, für uns als Ganzjahresdestination hat eine Saisonkampagne nicht oberste Priorität“, sagt Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner.
Als Chef der Arge Städte würde er die Kampagne für kleine und mittlere Städte für sinnvoll halten. Kettner hofft, dass sich sein Geschäft ab Ostern wieder normalisiert, schließlich lockert nun ein Land nach dem anderen die Einreisebeschränkungen.
US-Ersparnisse
In puncto Fernmärkte setzt Kettner am Weg aus der Corona-Krise verstärkt auf US-Touristen. „Sie haben in der Pandemie 2,6 Billionen US-Dollar angespart, davon wollen wir ein Stück haben. Wir bearbeiten unsere Märkte grundsätzlich selber, haben nicht vor, unsere Kernkompetenz auszulagern – setzen aber in jenen Ländern, in denen die Österreich Werbung Auslandsbüros unterhält, stark auf Kooperation. Die ÖW-Büros in den Märkten sind sozusagen unser Marketing-Muskel vor Ort“, erklärt Kettner.
Auch andere Tourismusnationen haben Aufholbedarf. 2021 lagen die internationalen Gästeankünfte global 72 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. So gesehen ist Österreich mit einem Einbruch von 60 Prozent bei ausländischen Touristen noch relativ gut unterwegs.
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